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Was Novartis gegen Brustkrebs tut

Das Medikament Femara soll ein Blockbuster werden

Der Einsatzbereich für Femara, das Brustkrebs-Medikament der Novartis, könnte bald erweitert werden. Die Firma stellte vergangene Woche Studienergebnisse vor, die darauf hindeuten, dass eine Behandlung mit Femara bereits im Frühstadium des Krebses sinnvoll sein kann. «Femara ist jetzt schon unter den zehn Spitzenreitern, wir rechnen damit, dass es bald ein Blockbuster sein, also mehr als eine Milliarde US-Dollar pro Jahr umsetzen wird»: Bertrand de Lavenne, Onkologiechef von Novartis Pharma Schweiz AG, sagt dem Brustkrebsmittel eine rosige Zukunft voraus. Den Grund für seine Zuversicht liefern zwei Studien neueren Datums.

Seit 1996

Vorauszuschicken ist, dass zur Verminderung des Rückfallrisikos frisch operierte Krebspatientinnen standardmässig mit der Anti-Östrogen-Substanz Tamoxifen behandelt werden (vgl. Box). Leider hat sich aber gezeigt, dass der Schutz dieses bewährten Medikaments nach fünf Behandlungsjahren nachlässt. Hier kann nun Femara in die Bresche springen. Dessen Wirksubstanz Letrozol wurde 1996 erstmals in Grossbritannien zur Behandlung von fortgeschrittenem Brustkrebs eingesetzt. Seitdem hat sich das Produkt in allen Brustkrebs-Stadien gegenüber den etablierten Therapien als überlegen erwiesen.

Diese Beobachtung wird in den erwähnten beiden Studien erhärtet. In der einen (sie lief unter der Bezeichnung MA-17) wurden 5200 Frauen nach fünf Jahren Tamoxifen-Behandlung teils auf Femara umgestellt, teils mit einer wirkungslosen Placebo-Substanz «behandelt». Dabei zeigte sich, dass das Rückfallrisiko in dieser Versuchsanordnung um beinahe die Hälfte reduziert wurde, die rückfallfreie Lebenszeit unter Femara sich somit etwa verdoppelte. Die Resultate waren derart überzeugend, dass die Studie nach etwas über zwei Jahren abgebrochen wurde, damit auch die unter Placebo stehenden Frauen in den Genuss der Femara-Behandlung kommen konnten. In der Schweiz wurde Femara folglich im Juli 2004 zugelassen als Nachfolgetherapie für Brustkrebspatientinnen, die bereits fünf Jahre Tamoxifen-Behandlung hinter sich hatten.

In einer zweiten Untersuchungsreihe (BIG 1-98 Studie) wurden 8000 Patientinnen in 27 Ländern (inklusive Schweiz) gleich nach der Operation entweder der herkömmlichen Therapie mit Tamoxifen unterzogen oder mit Femara behandelt. Diese Studie ist noch nicht abgeschlossen, doch wurden zu Jahresbeginn erste Resultate publiziert. Und die sind ermutigend, scheint doch Femara das Risiko eines Rückfalls und der Bildung besonders gefährlicher Metastasen im Vergleich zu Tamoxifen um über einen Viertel zu reduzieren. Oder anders ausgedrückt: Bei mit Femara behandelten Patientinnen konnte die rückfallfreie Lebenszeitspanne um rund einen Drittel verlängert werden.

Richtlinien angepasst

Bereits sind die weltweit anerkannten Richtlinien der Asco (American Society of Clinical Oncology) diesem neuen Forschungsstand angepasst worden. So empfahl das Asco-Expertenpanel im November 2004, hormonsensiblen Brustkrebs nach der Operation gleich mit einem Aromatasehemmer vom Typ Femara zu behandeln oder dann nach fünf Jahren Tamoxifen-Therapie auf die neue Substanzklasse umzustellen. Zu ähnlichen Schlüssen kam ein Expertenpanel vergangenen Januar am St. Galler Krebskongress. Zudem fanden die Hälfte der Experten in St.Gallen, es sollten gleich alle Brustkrebs-Patientinnen nach der Operation von Aromatasehemmern profitieren können. In der Schweiz wird, so hofft Novartis, Femara für diese Indikation ab 2006 zugelassen sein.

Heute ist das Novartis-Medikament in über 75 Ländern zugelassen, in 20 Ländern gar auch für die Behandlung von Patientinnen, welche die Operation noch vor sich haben.

Box: Wann ist Frau von Brustkrebs geheilt? – Metastasen

Brustkrebs ist die häufigste Krebserkrankung bei Frauen, rund 1400 Schweizerinnen sterben jedes Jahr am Mammakarzinom. Am häufigsten triffts Frauen im Alter zwischen 50 und 75 Jahren.

Durchschnittlich 25 Jahre kann eine Krebspatientin nach der Operation leben, ohne einen Rückfall zu erleiden. Doch ist die Gefahr eines Rückfalls nie ausgeschlossen. Überall im Körper können sich Krebsableger unbemerkt verborgen haben, die dann plötzlich lebensbedrohende Formen annehmen. Bei einem Drittel aller krebskranken Frauen kommt es noch 15 Jahre nach der Krebsdiagnose zu solchen Metastasen-Bildungen.

Östrogen-Blocker

Um dieses Risiko zu senken, muss daher auf die Operation eine vorbeugende medikamentöse Therapie folgen. Dabei bedient man sich eines Tricks. Die meisten Brustkrebszellen werden nämlich durch das weibliche Sexualhormon Östrogen zur Wucherung angeregt. Gelingt es also, das Östrogen aus dem Verkehr zu ziehen, haben Metastasen kaum Wachstumschancen. Antihormon-Therapie nennt sich das und kann auf zwei Wegen angegangen werden. Entweder wird die Östrogenproduktion gestoppt, indem das hiefür notwendige Enzym (Aromatase) funktionsunfähig gemacht wird: Das Novartis-Präparat Femara funktioniert nach diesem Prinzip. Oder das Andocken des Hormons an die Krebszelle wird verunmöglicht, indem man den dafür notwendigen Rezeptor, das «Schloss», gleichsam verstopft. Diesen Effekt macht sich die Anti-Östrogen-Substanz Tamoxifen der Pharmafirma AstraZeneca zunutze. Tamoxifen galt bisher als Standard-Therapeutikum. Jede neue Substanz, die den Krebspatientinnen zusätzliche rückfallfreie Jahre bescheren will, muss sich an Tamoxifen messen.

Test bestanden

Femara hat diesen Test bestanden – finden nicht nur die Novartis-Manager, sondern laut den Studien auch die Fachwelt. Und dies erst noch zu einem relativ vernünftigen Preis: Rund 3600 Franken kostet die Behandlung im Jahr. Womit der Beweis erbracht wäre, dass Krebsmedikamente nicht immer 100 000 und mehr Franken verschlingen müssen.

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