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Gesundheit/Ernährung

Virus unter Verdacht

Hüftspeck könnte Folge einer Infektion sein

Die Anzeichen mehren sich, dass ein Zusammenhang besteht zwischen einer durchgemachten Adenoviren-Infektion und Übergewicht. Bereits wird die Entwicklung eines Impfstoffs gegen Fettleibigkeit diskutiert. Verdoppelt hat sich in den vergangenen 30 Jahren die Neigung zur Fettleibigkeit unter den Bewohnern der westlichen Welt. Kalorienreiche Nahrung und Bewegungsmangel galten bisher als verantwortlich für den gesundheitsgefährdenden Trend. Nun mehren sich aber die Hinweise, dass ein Virus mitwirken könnte beim Wachsen der Speckgürtel, berichtet die «Deutsche Ärztezeitung». Ad-36 heisst der verdächtige Erreger. Er gehört zur Gruppe der 51 Adenoviren, deren Besonderheit es ist, ohne Hülle auszukommen und hauptsächlich die Atemwege des Menschen zu befallen.

Doch die Nummer 36 scheint noch einiges mehr zu können. Seit längerem ist bekannt, dass dessen verwandte Variante, das Ad-37, bei Hühnern und Affen eine Verdoppelung des Fettgewichts herbeiführt. Den Menschen scheint das Ad-37 zwar zu verschonen. Dafür steht das Adenovirus 36 unter wachsendem Verdacht. Denn 30 Prozent der untersuchten Übergewichtigen besitzen Antikörper gegen den Erreger im Blut, das heisst, sie hatten irgendwann einmal eine Ad-36-Infektion durchgemacht. Unter den Schlanken betrug dieser Prozentsatz dagegen bloss elf Prozent. Ähnlich das Bild bei 89 getesteten Zwillingspaaren: Der Antikörper-positive Zwilling hatte jeweils einen höheren Body Mass Index (BMI) und war beleibter als der nicht-Infizierte (BMI 24,5 gegenüber 23,1). Somit scheint das Ad-36 tatsächlich irgendwie assoziiert zu sein mit der Entwicklung von Übergewicht. Bereits wird folglich die Entwicklung eines Impfstoffes gegen den Erreger diskutiert.

Wie das Virus dick machen soll, ist allerdings ein Rätsel. Denn Cholesterin- und Blutfettwerte sind bei den Ad-36-Geschädigten nicht etwa erhöht wie sonst bei Übergewichtigen, sondern liegen im Gegenteil markant tiefer. Denkbar ist daher, dass die Viren auf Botenstoffe im Energiestoffwechsel einwirken. Sie wären damit bloss einer unter Hunderten von Faktoren, die das Körpergewicht regulieren.

Wer also schon gehofft hat, munter weiter futtern zu können und sich gegen Figurverlust einfach impfen zu lassen, hat sich höchst wahrscheinlich zu früh gefreut. «Gewichtszunahme ist ein multifaktorieller Prozess, genetische und eine ganze Reihe von Umweltfaktoren spielen da mit», meint denn auch der Diabetologe Prof. Ulrich Keller vom Basler Universitätsspital gegenüber der baz. «Dass auch Viren eine gewisse Rolle spielen könnten, möchte ich nicht generell ausschliessen. Doch halte ich es für wenig wahrscheinlich, dass eine Infektion mit Ad-36 oder anderen Erregern wesentlich verantwortlich ist für das Massen-Phänomen Fettleibigkeit.»

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