Sie erinnern sich vielleicht an das Paradoxon des Epimenides: «Alle Kreter lügen» hatte der griechische Philosoph kühn behauptet. Das Problem war nur, dass der Philosoph ebenfalls aus Kreta stammte und seine These somit gleich selber ad absurdum führte … Nun, die Kreter sollen angeblich nicht bloss lügen, sondern auch länger leben. Dies zumindest suggeriert die «Seven Countries Study Investigators Group», die schon seit 40 Jahren untersucht, wie sich Essgewohnheiten auf die Lebenserwartung auswirken. Zum Beispiel innerhalb je einer Männergruppe in Zutphen (das liegt in den Niederlanden) und auf Kreta. Die Quintessenz der über Jahrzehnte gemachten Beobachtungen: Die Kreter leben eindeutig länger als die Niederländer und sterben vor allem viel seltener an Herzversagen. Klar, die mediterrane Kost machts aus, werden Ernährungsapostel jetzt sagen. Was genau darunter zu verstehen ist, weiss aber niemand. Denn rund ums Mittelmeer ist eine ganze Reihe verschiedener Esskulturen anzutreffen, an denen allerdings die Globalisierungswelle nicht spurlos vorübergegangen ist. So hat sich auch der Fettkonsum auf Kreta in den vergangenen 40 Jahren demjenigen in Zutphen angepasst, entsprechend haben Cholesterinwerte und Blutdruck in den beiden untersuchten Männergruppen gleichgezogen, wird in der Oktoberausgabe der in Basel erscheinenden Zeitschrift «Psyche und Soma» berichtet. Nur Bohnen sind auf der Mittelmeerinsel nach wie vor beliebter als in den Niederlanden. Aber daran kann es wohl nicht liegen. Die ermittelten Ernährungs-Risikofaktoren könnten die «enormen Unterschiede in der kardiovaskulären Mortalität nur zum Teil erklären», räumen die Autoren ein. Heisst dies nun, dass die Kreter tatsächlich lügen, wenn es um ihre Ess- und Trinkgewohnheiten geht? Nicht unbedingt. Könnte ja auch sein, dass es sich auf Kreta eben ganz allgemein besser lebt als in Zutphen.
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