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Physik

Ein Beitrag zur Weltformel

Physik-Nobelpreis wird fürs Studium von Symmetriebrüchen im Kosmos verliehen

Der diesjährige Physik-Nobelpreis geht nach Japan und in die USA. Geehrt werden Forschungen, die zur Erklärung des Aufbaus der Materie beigetragen haben. Weil sie «bedeutende Erklärungen zur Existenz des Universums lieferten» wurden zwei japanische und ein amerikanischer Physiker mit dem diesjährigen Nobelpreis für Physik ausgezeichnet. Das heisst, streng genommen ist auch der heute in Chicago wirkende Yoichiro Nambu (87) Japaner, zumindest hat er die wissenschaftliche Karriere in seinem Heimatland begonnen, bevor er die Berufung zum Professor an die Universität Chicago annahm. Zeitlebens ihrer Scholle treu blieben dagegen die Mit-Preisträger Makato Kobayashi (64) und Toshihide Maskawa (68). Beide leben und forschen immer noch in Tokio respektive Kyoto.

Die Arbeit der drei Forscher liefere «Grundlegende Konzepte des physikalischen Weltbildes», schwärmt zwar der Physiker Wolfgang Hollik, Direktor am Max-Planck-Institut in München. Worin aber diese Konzepte bestehen, ist nicht einfach zu verstehen, geschweige denn zu beschreiben. So herrschte denn auch heute nach der Preisverkündigung eisernes Schweigen über der Schar der Medienvertreter. Zu den verzwickten Einzelheiten theoretischer Physik mochte niemand eine Frage stellen. Ein Trost vielleicht, dass es auch Makato Kobayashi die Sprache verschlug, als er von der königlich-schwedischen Wissenschaftsakademie telefonisch über sein Glück informiert wurde. Der Laureat sah sich ausserstande, einen Kommentar abzugeben zur Preisvergabe – er stehe unter Schock.

Versuchen wirs trotzdem. Für Arbeiten über das Phänomen der «gebrochenen Symmetrien» wurde der diesjährige Physik-Nobelpreis vergeben. Doch eigentlich sollten ja die Naturgesetze, mit denen der Mensch die Welt zu erklären versucht, immer und überall im Kosmos Gültigkeit haben, also «symmetrisch» sein. Das sind sie auch in den meisten Situationen, aber eben doch nicht ganz immer. Zum Glück für uns, sonst würden wir jetzt nicht Kaffee trinken und Zeitung lesen, weil der gesamte Kosmos dann gar nicht existieren würde. Denn während des Urknalls vor etwa 14 Milliarden Jahren entstanden Materie und Antimaterie nicht in genau gleich grossen Mengen, wie es gemäss Symmetrie-Gesetzmässigkeiten eigentlich zu erwarten gewesen wäre. Vielmehr hatte die Materie gegenüber der Antimaterie ein ganz kleines bisschen Übergewicht (1 zu 10 Milliarden Teilchen) und bildet somit nun den Stoff, aus dem der Kosmos geschaffen ist. Der Rest reagierte mit Antimaterie und wurde zu Energie umgewandelt.

Der Kosmos und alles, was er beherbergt, verdankt somit seine Existenz einem Symmetriebruch. Und genau für ihre Beiträge zum Verständnis solcher Symmetriebrüche wurden die drei Forscher mit dem Nobelpreis geehrt. Dabei hatten Kobayashi und Maskawa ihr Augenmerk besonders auf Symmetriebrüche gerichtet, die wahrscheinlich bereits seit dem Urknall existieren und bis jetzt aber bloss zum Teil entdeckt wurden. Mit ihren Arbeiten trugen sie viel bei zur Formulierung des so genannten Standardmodells, dem Baukasten der Elementarteilchen, mit dem die Physiker die Welt erklären möchten. So hatten die beiden Japaner bereits 1972 die Existenz einer weiteren Familie von Elementarteilchen postuliert – und dreissig Jahre später im Experiment Recht bekommen.

Demgegenüber hatte Yoichiro Nambu bereits ab 1960 so genannte spontane Symmetriebrüche studiert, wie wir sie im banalen Alltag auch erleben: So lange ein Bleistift auf seiner Spitze balanciert, herrscht perfekte Symmetrie. Kippt er aber zur Seite, zeigt er in eine bestimmte Richtung und die Symmetrie geht Flöten. Zugleich hat der Bleistift aber auch sein tiefstes Energieniveau erreicht (er kann nicht mehr tiefer fallen). Analog repräsentiert das Vakuum das niedrigst mögliche Energieniveau im Kosmos, und Nambu hat schon früh erkannt, dass es sich zum Studium spontan gebrochener Symmetrien eignet.

Mit spontan gebrochener Symmetrie des so genannten Higgs-Feldes erklärt man sich inzwischen auch die Tatsache, dass viele Elementarteilchen eine Masse haben, und erst noch eine uneinheitliche. Mit dem neuen LHC-Beschleuniger am Cern soll nun die Jagd eröffnet werden auf das zum Higgs-Feld gehörende Teilchen. Vielleicht wirds gefunden, vielleicht auch nicht. Sicher ist bloss: Ein weiterer Nobelpreis liegt für die Teilchenphysiker allemal drin.

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