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Gesundheitspolitik

Wie sag ich’s meiner Schwangeren?

Schon ein Ultraschallbild liefert mehr Fragen als Antworten

Beinahe unbegrenzt sind heute die Möglichkeiten, den Gesundheitszustand des Ungeborenen zu untersuchen. Doch was betroffene Eltern mit den Daten der Pränatalen Diagnostik anfangen können, steht auf einem anderen Blatt. Ein eben erschienenes Buch liefert Entscheidungshilfe. Kaum ein angehendes Elternpaar lässt die Chance ungenutzt, vom sich ankündigenden Nachwuchs Ultraschallbilder anzufertigen und in der Verwandtschaft herumzureichen, gleichsam als erster Eintrag ins Familienalbum. Doch sind sich wohl die wenigsten bewusst, dass sie damit vielleicht Pandoras Büchse öffnen. Denn was ist, wenn die Ultraschallaufnahme Hinweise liefert für eine mögliche Behinderung des Föten? Weitere Untersuchungen drängen sich dann auf, etwa eine Untersuchung des Fruchtwassers oder eine Biopsie der Fruchthaut (Chorionzotten) – invasive Verfahren, die ihrerseits in einem Prozent der Fälle tödliche Folgen haben für das Ungeborene. Wird dann der Verdacht erhärtet, der Fötus könnte an einem Down Syndrom oder einer Erbkrankheit leiden, steht das Elternpaar ungewollt vor der Entscheidung, die Schwangerschaft abzubrechen oder möglicherweise ein behindertes Kind auf die Welt zu bringen. Wurde all dies bedacht, bevor dieses erste Bild fürs Fotoalbum geschossen wurde? In den meisten Fällen wohl nicht.

«Tue nichts ohne Beratung», sagt daher Hansjakob Müller, ehemaliger Leiter der Abteilung Medizinische Genetik des Universitäts-Kinderspitals beider Basel. Er hat zusammen mit der Psychologin Denise C. Hürlimann und der Theologin Ruth Baumann-Hölzle die Schrift «Der Beratungsprozess in der Pränatalen Diagnostik» herausgegeben. Das Buch ist laut Müller «aktueller denn je, jetzt wo genetische Tests sogar übers Internet vermarktet werden». Da sich zudem der Anteil der über 34jährigen Schwangeren in den vergangenen dreissig Jahren auf 27 Prozent verdreifacht hat und diese Tendenz weiter steigt, sei auch Pränatale Diagnostik bei solchen «Risikoschwangerschaften» immer häufiger nachgefragt. «Diese kann zwar nützliche Labordaten liefern, das sind aber noch längst nicht unbedingt die Informationen, welche die Rat Suchenden brauchen, um sich für oder gegen eine Schwangerschaft zu entscheiden.» Dabei spielten ethische und psychologische Gesichtspunkte oft eine noch grössere Rolle als rein medizinische, sagte Müller anlässlich der Buchvernissage. Die Schrift soll denn auch Ärzten und Betroffenen als Leitfaden dienen in einem Entscheidungsprozess, der sich je länger desto schwieriger gestaltet.

Der Beratungsprozess in der Pränatalen Diagnostik. 276 S. Verlag Peter Lang. ISBN 978-3-03911-699-7

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