Kategorien
Vermischtes

Wie der Föhnsturm eine Seglerkarriere startete

Auch auf dem Wasser gilt: Durch Schaden wird man klug. Faszinierend ists sich fortzubewegen, die Kräfte von Wind und Wasser nutzend. Aber Segeln will gekonnt sein, sonst wird’s bald einmal lebensgefährlich. Hat der Autor am eigenen Leib erfahren. Die Luft war ungewöhnlich mild, der Himmel tiefblau und der See spiegelglatt wie ein Baby-Po. Wir waren jung und dumm und wussten natürlich bereits alles besser. Peter war gerade mit Frau und Kind im Appenzellerland in den Ferien und brauchte ein bisschen Abwechslung. So lud er mich ein zum Segeln auf dem Bodensee. Er komme schon draus, beruhigte er mich, schliesslich habe er beim prestigeträchtigen Zürcher Segelklub den Schein erworben. Damit konnte ich natürlich nicht aufwarten, gesegelt war ich bis dahin bloss auf Vaters Faltboot und bei Flaute.

Jedenfalls konnte Peter den Chef der Segelschule Rorschach dazu überreden, uns ein holländisches Volksboot auszuleihen, ein Schwertboot, das man mit seinen zehn Quadratmetern Segelfläche auch ohne Bodenseeschifferpatent führen darf. Und so dümpelten wir an einem sonnigen Nachmittag eher gelangweilt in der Bucht vor Rorschach.

Bis sich das Wasser endlich ein wenig kräuselte und wir mit einem Lufthauch bald ganz hübsch Fahrt machten Richtung Rheinmündung. Nur: Innert Minuten wurde aus dem Windhauch ein veritabler Föhnsturm, und das Gekräusel verwandelte sich in Gischt. Wie fliegende Holländer jagten wir nun übers Wasser und hätten noch so gern gerefft, die Segelfläche verringert. Aber wie macht man das? Da wusste auch der Zürichsee-Segler keinen Rat.

Durchnässt wie wir waren, wollten wir in den schützenden Hafen zurückkehren. Aber auch das erwies sich als leichter gesagt als getan. Dreimal schmetterte der Baum ungebremst knapp über unseren Köpfen von der einen zur anderen Seite des Bootes – Patenthalse nennt man das, habe ich später gelernt. Beim vierten Mal gabs einen Knall, und Mast samt Segel und Baum kamen herunter. Da sassen wir nun, klammerten uns am Deck der kleinen Jolle fest, im Wasser um uns herum ein heilloses Durcheinander von Segeln, Drahtkabeln und Leinen. Der Föhn trieb uns zügig gegen Seemitte, die Pappeln am Ufer wurden zusehends kleiner und die Wellen höher. Ich sah mich bereits als Schwemmgut am deutschen Ufer landen.

Doch zum Glück hatte jemand unser Ungemach bemerkt und den Seerettungsdienst benachrichtigt. Die kamen uns dann holen. Wie begossene Pudel fühlten wir uns, während wir in den Hafen zurück geschleppt wurden. Die hämischen Sprüche, mit denen uns dort die Einheimischen empfingen (sie hatten natürlich vom herannahenden Föhnsturm gewusst), waren auch nicht gerade Balsam für unsere geschundenen Segler-Seelen. Und Bruno, der Bootsvermieter, war natürlich sauer. Gleichwohl stellten er und seine Gehilfen den Mast wieder auf – für den Fall, dass wirs anderntags nochmals versuchen wollten …

Ob wir uns jenen Sommer nochmals hinaus wagten auf den tückischen See, kann ich mich nicht erinnern, das ist alles schon eine Weile her. Immerhin war uns beiden bewusst, dass wir ungemein Glück gehabt hatten, nicht in der Zeitungsspalte «Unglücksfälle und Verbrechen» zu landen statt im sicheren Hafen.

Für mich wiederum erwies sich der nasse Nachmittag als Start in meine «Segler-Karriere». Der Beinahe-GAU hatte mich davon überzeugt, dass man Segeln vielleicht doch gescheiter gründlich lernen sollte. Und so verbrachte ich einen Sommer lang jedes Wochenende in der Segelschule Rorschach, bis ich das begehrte Bodenseeschifferpatent in Händen hielt. Dass es danach stetig weiter ging, vom Bodensee-Segellehrer bis zum Hochsee-Skipper auf Ausbildungs-Törns, das ist nochmals eine lange Geschichte. Nur: Ob ich heutzutage auch wieder bis nach Rorschach fahren würde, bloss um Segeln zu lernen, bin ich mir nicht so sicher. Das Gute liegt ja jetzt so nah dank den Ausbildungsmöglichkeiten auf den Stauseen Birsfelden und Augst.

Wo die Basler Segler in See stechen können

Mitleidig pflegen die Zürcher, Berner und Romands auf die Basler Segler herabzuschauen: Die haben ja nicht einmal einen See. Stimmt nicht, gleich zwei Segelreviere liegen am Rhein. Zwar klein, aber nicht ohne.

«Oh, non, ce n’ est pas une regatte!», meinte ein junger welscher Segelsportler einmal auf die Frage, ob er auch in Kaiseraugst starten werde. Und hats womöglich bereut. In der Region Basel gibt’s zwar keinen See, dafür aber den Rhein mit seinen beiden Stauseen bei Birsfelden und Augst. Dort herrscht bei gutem Wetter und nicht allzu hohem Wasserstand ein reges Treiben auf dem Wasser. So haben die Klubs der Region (Basler Segel Club und Segelclub Pratteln) ihre Basis in Kaiseraugst, die Basler nennen sogar ein lauschiges Clubhaus ihr eigen. Dort lassen sich im und am Rhein lauschige Stunden verbringen, auch wenn’s gerade nichts ist mit Segeln. Das «Revier» ist maximal 200 Meter breit und bis Rheinfelden fünf Kilometer lang, und wohl eine der anspruchsvollsten Regattabahn der Schweiz. Denn wer gewinnen will, muss nicht nur auf den Wind achten, sondern auch die wechselnden Strömungen einkalkulieren können. Bläst der Wind aus Westen, also rheinaufwärts, geht’s ja noch, dann hilft er, gegen die Strömung anzukommen. Kniffliger wird’s bei womöglich schwachem Ostwind, wenn man gegen Wind und Strömung ankreuzen muss. Dann sind spannende Rennen zu beobachten.

Und davon gibt’s mehrere jede Saison, dreimal im Jahr sogar mit Beteiligung aus der ganzen Schweiz. Letztere werden vom Basler Segel Club organisiert und wurden vorwiegend mit Pirat- und 470er-Jollen ausgetragen.

Seit 1998 ist aber auch die «Starfleet Basel» auf dem Stausee zu Hause und führt (im Prinzip jährlich und wiederum kommenden 26./27. August) das «Basler Läggerli» durch, eine nach den Regeln der internationalen Starboot-Vereinigung organisierte Regatta. Eine seltene und oft atemberaubende Gelegenheit, die olympische Klasse der Kielboote aus nächster Nähe beim Wettkampf beobachten zu können, der ja normalerweise weit draussen im See oder auf dem Meer ausgetragen wird. Was nicht heisst, dass das «Läggerli» auf dem Stausee für die aus der ganzen Schweiz angereisten Starsegler ein Sonntagsspaziergang ist: Neben der erwähnten Strömung kann auch der Wind einen Strich durch die Rechnung machen, schon mehrere Starboote verloren ihren Mast in Windböen auf dem «harmlosen» Stausee. Inzwischen hat sich die Starfleet Basel bestens integriert in der Schweizer Szene und wird auch ernst genommen. Schliesslich sind zwei der zehn besten Schweizer Starsegler Basler.

Seglerisch nicht ganz so prominent geht’s beim kleineren Segelclub Pratteln zu und her. Dort hat man vor allem das Freizeit-Segeln auf den Klub-Stander geschrieben. Für Interessierte (nur gute Schwimmer ab zwölf Jahren) werden Schnupperfahrten organisiert, und wem es dabei den «Ärmel reinnimmt», kann beim Klub dann den regelrechten Segelkurs besuchen. Da trifft es sich gut, dass Club-Präsident Fritz Gloor gleichzeitig Inhaber der Segelschule Basilisk ist und seine Schützlinge so professionell bis zur Prüfung begleiten kann. Daneben fahren aber auch die Pratteler gerne Regatta, mindesten dreimal dieses Jahr gegen die Basler. «Wir haben ein gutes Verhältnis zum Basler Segel Club», versichert Fritz Gloor. Das Revier ist zwar klein, aber in die Quere kommt man sich deswegen noch lange nicht.

Die Clubs der Basler Segler

Basler Segel Club, gegründet am 21. 1.1943, etwa 150 Mitglieder. Unterstützt werden die Bootsklassen Pirat (Zweimann-Jolle), 470er (olympische Zweimann-Jolle) und Star (olympisches Zweimann-Kielboot). Präsident: Sven Leisi, Tel. 061 332 28 10. Im Internet: http://www.swiss-sailing.ch/bsc

Segelclub Pratteln, gegründet 1944, etwa 50 aktive Mitglieder. Gesegelt wird vor allem die Vaurien-Jolle. Für Anfänger werden Schnupperkurse angeboten. Präsident: Fritz Gloor, Tel. 078 770 13 42. Im Internet:http://www.segelclub-pratteln.ch

Cruising Club Schweiz, Regional-Gruppe-Basel, gegründet 1956, gegen 600 Mitglieder. Fördert das Hochsee-Segeln als Kursveranstalter und Organisator von Segeltörns auf dem Meer. Captain: Hans Litscher, Tel. 061 841 24 91

Basler Segelschulen

Ja, in der Region Basel kann man tatsächlich Segeln lernen, sowohl in der Theorie als auch in der Praxis. Als erstes gilt es, die Schulbank zu drücken und den für die ganze Schweiz einheitlichen Theoriestoff zu büffeln. Danach folgt die praktische Ausbildung, die auf einem der beiden Stauseen erfolgt und je nach Begabung des Schülers (und der Schülerin) dauern kann. Die Prüfung (theoretisch und praktisch) wird dann von den Experten vom Wohnsitzkanton des Prüflings abgenommen. Billig ist der Spass nicht, je nach Anzahl benötigte Lektionen muss mit Ausgaben zwischen 1500 und 2500 Franken gerechnet werden – Segler-Garderobe nicht eingerechnet.

Segelbootfahrschule Basel. Ruedi Schneider, Tel. 079 500 37 38. Praktische Kurse werden auf dem Stausee Birsfelden durchgeführt auf einer Trias (Dreimann-Kielboot). Angeboten werden auch Hochsee-Navigationskurse. www.segelschule-basel.ch

Segelschule Basilisk. Fritz Gloor, Tel. 078 770 13 42, Praxis-Ausbildung auf dem Augster Stausee. www.segelschule-basilisk.ch

Diese Seite verwendet Cookies, um die Nutzerfreundlichkeit zu verbessern. Mit der weiteren Verwendung stimmst du dem zu.

Datenschutzerklärung