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Vom Kopf in der Röhre

Sicher hätten auch Sie schon oft gerne gewusst, was hinter der Stirn Ihres Gegenübers vorgeht. Doch Gedanken lesen ist eine Kunst, die Zauberern, Scharlatanen und bis – zu einem gewissen Grad – den Magnetresonanz-Tomographen vorbehalten ist. Dank ihnen kann man ja heutzutage abbilden, welche Teile des Gehirns im Moment aktiv sind und damit indirekt erraten, was der Mensch gerade so ungefähr denkt. Bereits soll es Lügendetektoren geben, die gemäss diesem Prinzip funktionieren.

Der Computerwissenschaftler Tom M. Mitchell von der Universität Pittsburgh hat nun diese MRI-Technik auf spektakuläre Art verfeinert und diese Woche darüber in «Science» berichtet. Mitchell hat zusammen mit Sprachwissenschaftlern einen Computer so programmiert, dass dieser voraussagen kann, welche Gehirnareale von einem bestimmten Wort zum Leuchten gebracht werden im Hirn-Tomogramm. In einem ersten Schritt haben die Forscher neun Versuchspersonen mit 60 Hauptwörtern konfrontiert und die Bildmuster registriert, die dabei in den Gehirnen ausgelöst werden. Das so erhaltene Datenmaterial wurde dem Computermodell einverleibt, das nun in der Lage war, für jedes gespeicherte Wort das entsprechende Bildmuster in einem virtuellen Gehirn vorauszusagen.

Damit nicht genug: Sogar zuvor unbekannte Wörter kann das Modell ins Bild umsetzen, wenn diese mit senso-motorischen Begriffen verknüpft werden. Wird zum Beispiel das Wort «Sellerie» mit «essen» und «riechen» assoziiert, lässt das Computermodell mit einer Trefferwahrscheinlichkeit von 75 Prozent die korrekten Hirnareale für «Sellerie» aufleuchten, obwohl das Gemüse dem Computer zuvor ein Fremdwort war.

Auch wer Sellerie mag: Schwer verdaulich ist die Vorstellung, dass man vielleicht bald schon in unseren Gehirnen lesen kann, wie in einem offenen Buch. Und dass unsere Gedanken künftig nur so lange frei sind und bleiben, als wir den Kopf nicht in die Tomographen-Röhre stecken.

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