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Vermischtes

Eine Maschine mit gutem Geschmack

Die Qualität von Espresso-Kaffee kann jetzt elektronisch kontrolliert werden

Am Nestlé-Forschungszentrum in Lausanne wurde ein technisches Verfahren entwickelt, mit dem die Qualität von Espresso-Kaffee ohne menschliches Zutun beurteilt werden kann. Die Methode könnte für Routine-Qualitätskontrollen während der Kaffeeproduktion nützlich werden. Was macht es aus, dass Kaffee manchmal anregend duftet, bisweilen aber wie Abwaschwasser schmeckt? Eine Frage, die nicht nur uns Konsumenten immer wieder bewegt, sondern naturgemäss auch die Forscher brennend interessiert, die beruflich mit Kaffee zu tun haben. Etwa beim Nahrungsmittel-Konzern Nestlé. In dessen Lausanner Forschungszentrum wurde nun ein technisches Verfahren entwickelt, mit dem objektiv festgestellt werden kann, ob frisch gebrauter Espresso gut ist, den Qualitätsanforderungen entspricht, oder gleich in den Ausguss gekippt gehört.

Technik, die Kaffee degustiert, kann das gut gehen? «Dass man einen frisch gebrauten Espresso mehr oder manchmal auch weniger geniesst, ist ein wissenschaftlich überaus komplexes Phänomen», räumt Christian Lindinger ein, der Nestlé-Forscher, der den elektronischen Kaffee-Schlürfer zusammen mit Kollegen entwickelt hat und nun darüber in der Fachzeitschrift «Analytical Chemistry» berichtet. Normalerweise wacht in der Kaffeeindustrie – ähnlich wie in den Weinkellern – ein Panel von hoch spezialisierten Degustierer über die Qualität des Produkts. Bewertet wird nach standardisierten Kriterien, die zwar mit dem Charme des Kaffeetrinkens wenig gemein haben, die aber das «komplexe Phänomen» der Geruchs- und Geschmackswahrnehmung etwas zu objektivieren vermögen.

Noch objektiver und vor allem schneller arbeitet, was Christian Lindinger und sein Team zusammen entwickelt haben. Der Forscher selber spricht erst von einem «Modell», und tatsächlich steckt mindestens so viel Rechenarbeit in der Entwicklung wie Apparatetechnik. In deren Mittelpunkt steht ein geschlossenes und beheiztes Testgefäss mit jeweils frisch gebrautem Espresso, daran angeschlossen das Messgerät, mit dem die Kaffeedüfte analysiert werden (laut Christian Lindinger korrelieren die Duftstoffe in diesem Fall ziemlich gut auch mit Geschmacksinhaltsstoffen des Kaffees). Die Duftgase werden in einem so genannten Massenspektrometer teilweise zerlegt und analysiert, im Spektrogramm erscheinen dann die Moleküle und ihre Fragmente nach Gewicht geordnet. So entsteht eine Art Fingerabdruck der Duftnoten im getesteten Espresso.

Elf unterschiedlichen Espresso-Sorten wurden mit dieser Apparatur die Fingerabdrücke abgenommen. Parallel dazu beurteilte das bewährte Degustierer-Panel dieselben Kaffeeproben nach den gewohnten Kriterien (Intensität von Kaffee-, Röst-, Kokos-, Holz-, Getreide-, Butter-, Zitrus-, Wein- und Blumenduft sowie Bitterkeit und Säuregrad). Die besondere Leistung der Forscher bestand nun darin, mittels eines Computerprogramms die Fingerabdrücke aus den Spektrogrammen mit den Urteilen der Degustierer zur Deckung zu bringen. Und zwar derart, dass jetzt die Resultate aus dem Massenspektrometer interpretiert werden können als verbale Benotung, wie sie ein Expertenpanel abgeben würde.

Dies scheint tatsächlich zu funktionieren. Denn als jetzt acht weitere Kaffeesorten von der Apparatur analysiert wurden, vermochte das System das Urteil der menschlichen Kaffee-Tester ziemlich genau vorauszusagen. Und zwar erst noch in der Rekordzeit von bloss drei Minuten.

Müssen sich jetzt die Kaffee-Degustierer in aller Welt nach einem neuen Job umsehen? «Sicher nicht», sagt Christian Lindinger im Gespräch. «In erster Linie war das Interesse an einem Analysesystem rein wissenschaftlich. Natürlich werden wir die entwickelten Modelle zur Unterstützung der Expertenpanels verwenden. Ein vollständiger Ersatz der Expertenpanels wäre aber nicht empfehlenswert da diese speziell im Bereich der Feinabstimmung unersetzbar sind.»

Laut Lindinger wäre der Einsatz des Analysesystems für die routinemässige Qualitäts-Schnellkontrolle in der Zukunft durchaus denkbar und äusserst nützlich, um noch schneller auf etwaige Unregelmässigkeiten im Produktionsprozess reagieren zu können. Vermarkten will Nestlé die Entwicklung offenbar nicht. «Die Arbeit ist öffentlich publiziert und nicht patentiert», sagt Christian Lindinger bloss zu diesem Thema.

Box: 1000 Chemikalien im Kaffeeduft

Im wesentlichen zwei Faktoren bestimmen das Duftbouquet in der Kaffeetasse: die grüne Bohne und die Rösttechnik. In der grünen Kaffeebohne muss in Form der Vorläufer-Moleküle schon alles enthalten sein, was später in der Kaffeetasse dampfen soll. Während des Röstprozesses, der unterschiedlich lange dauern und bei unterschiedlichen Temperaturen ablaufen kann, wird dann das Aromapotential der Kaffeebohne erst entwickelt. Sodann spielen Mahl-Technik, Wasserqualität und Brau-Dauer ebenfalls eine Rolle, damit dann beim Schlürfen des Morgenkaffees über 1000 Chemikalien unsere Nasen und Gaumen umschmeicheln können. Das heisst: Wesentlich zum Aroma des braunen Gebräus tragen «bloss» etwa 50 flüchtige Verbindungen bei. Diesen gilt denn auch in der Qualitätskontrolle besondere Beachtung.

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