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Medizin

Der Krebskiller, der aus dem Fettgewebe kommt

Körperfett könnte den Ausgangsstoff liefern für eine neue Tumortherapie

Slowakischen Forschern ist es gelungen, im Körperfett vorkommende Stammzellen genetisch solcherart zu manipulieren, dass sie Krebszellen gezielt zerstören können. «Fett killt Krebs» titelt die amerikanische Gesellschaft für Krebsforschung (AACR) forsch in ihrem Juli-Bulletin. Doch ganz so einfach funktioniert die Geschichte nun auch wieder nicht, die hinter dem spektakulären Titel steckt. Zwar braucht Cestmir Altaner vom slowakischen Krebsforschungsinstitut in Bratislava tatsächlich Körperfett als Ausgangsmaterial für seine in der AACR-Publikation beschriebene Krebsbekämpfungs-Methode. Doch müssen die aus Fett gewonnenen Zellen einiges an Manipulation über sich ergehen lassen, bis sie wie versprochen bereit sind zum Einsatz als «Geschosse» gegen Tumor-Metastasen.

Doch der Reihe nach. Im Fettgewebe finden sich so genannte mesenchymale Stammzellen, die sich zu Knorpel-, Sehnen- oder Muskelzellen ausdifferenzieren können – sie werden daher auch bereits zur Behandlung von Knochen- und Knorpeldefekten eingesetzt. Generell scheinen mesenchymale Stammzellen die Fähigkeit zu besitzen, bei der Reparatur von beschädigtem Gewebe mitzuhelfen, indem sie defekte Zellen erneuern helfen. Diese Stammzellen finden sich aber auch massenhaft in Tumorgewebe. Sie wandern dorthin, weil sie im Tumor ein beschädigtes Organ sehen, dem geholfen werden muss, vermuten Krebsforscher. Und versuchen daher, solche mesenchymale Stammzellen als «Taxi» zu benutzen, um Krebs killende Agentien gezielt dorthin zu transportieren, wo sie wirken sollen, nämlich in die Tumore.

Ein chemotherapeutische Methode gegen Darmkrebs zu entwickeln, die weniger toxische Nebenwirkungen zur Folge hat als die heute gebräuchliche Behandlung mit 5-Fluoruracil (5-FU), dies hatte sich die Forschergruppe um Cestmir Altaner zum Ziel gesetzt. Dazu extrahierten sie aus menschlichem Fettgewebe mesenchymale Stammzellen und unterzogen diese einer Genmanipulation: Sie führten das Gen für das Enzym Cytosin-Deaminase ein, die das weniger toxische 5-Fluorcytosin (5-FC), ins potente Krebsmittel 5-FU umwandeln kann. So sollte es möglich werden, Darmkrebs mit 5-FC unter Kontrolle zu bekommen, das dann innerhalb der «Taxi-Stammzellen» erst am gewünschten Wirkungsort in das hochpotente Krebsgift 5-FU umgewandelt wird – und dies ohne gesundes Körpergewebe zu schädigen.

Zumindest bei Mäusen, denen zuvor menschliche Darmkrebszellen implantiert worden waren, scheint das Prinzip zu funktionieren. Die Forscher spritzten den Versuchstieren zuerst manipulierte menschliche Stammzellen und danach 5-FC ein. Tatsächlich sei das Tumorwachstum bei den behandelten Mäusen um knapp 70 Prozent gebremst worden, wird im AACR-Artikel berichtet. Allerdings wurde der Darmkrebs in keinem Fall zum Verschwinden gebracht. «Sicher wird eine mehrmalige Behandlung bessere Resultate erzielen, vielleicht kombiniert mit anderen Chemotherapeutika», äussert sich Cestmir Altaner überzeugt.

Ihm ging es vor allem darum, die Wirksamkeit des Prinzips für die Bekämpfung von kleinen Tumorherden oder nicht entdeckbaren Metastasen zu beweisen. Durch den Einsatz von manipulierten körpereigenen mesenchymalen Stammzellen als Transportmittel sollte es möglich sein, einen immunverträglichen, für jeden Patienten individuell zugeschnittenen Therapieansatz zu entwickeln, hofft der Forscher. Mesenchymale Stammzellen können zwar auch aus Knochenmark isoliert werden, «aber es ist natürlich einfacher und ergiebiger, Körperfett als Quelle zu benutzen», wird Altaner zitiert. «Denn daran herrscht in der Regel bei keinem Patienten Mangel.»

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