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Zoologie

Auch der Seewurm, der hat Zähne

Seine Rüsselproteine sind leicht und doch super hart

Er besteht zwar vollständig aus Eiweissen, der Rüssel des Seeringelwurms. Trotzdem sind die Zähne hart wie die des Menschen. Kalifornische Chemiker haben herausgefunden, weshalb. Beliebt und bekannt ist der Seeringelwurm Nereis virens bei den Hochseeanglern als Köder. Auch bei Fischen und Seevögeln steht der Ringelwurm, der im Schlick des Meeres seine Gänge gräbt, ganz oben auf dem Menuplan. Und weil man den auf bis 20 cm anwachsenden Vielborster so einfach züchten kann, ist er zudem begehrtes Studienobjekt für Entwicklungsphysiologen.

So kamen denn auch Chris C. Broomell von der University of California und dessen Forscherkollegen auf den Ringelwurm. Der hat ja nicht nur viele Fressfeinde, sondern verschlingt selber alles, was ihm vor den Rüssel kommt. Dabei helfen ihm Zähne, die es in sich haben: Sie sind zwar scharf und hart wie die des Menschen, enthalten aber keine Mineralstoffe, sondern bestehen komplett aus Eiweissen.

Schon lange hat man sich den Kopf zerbrochen, wie der Wurm in seinem Körper Proteine von derart grosser Härte und Leichtigkeit herstellen kann. Die Rüsselzähne haben Materialeigenschaften, wie sie in der Flugzeug- und Weltraumindustrie sehr begehrt sind. Sollte es gelingen, dem Wurm die Bauanleitung für seine Wundersubstanz abzugucken, könnte Ringelwurm-Zahnmaterial vielleicht einmal zum Mond fliegen oder gar auf dem Mars landen.

Chris C. Broomell ist es nun gelungen, die Natur des Rüsselproteins aufzuklären. Er und seine Kollegen sammelten und analysierten die Rüssel von etwa 1000 Würmern. Sie fanden, dass die Rüsselzähne aus einem einzigen Protein aufgebaut sind, das folgerichtig Nereis virens jaw protein-1 oder abgekürzt Nvjp-1 getauft wurde. In der Zeitschrift «Biomacromolecules» berichten die Forscher diese Woche, was es mit dem Protein auf sich hat: Erstens ist es ungewöhnlich reich an der Aminosäure Histidin. Und zweiten braucht es Zink für dessen Herstellung, das aber nicht in den Wurm-Zahnschmelz eingebaut wird, sondern bloss als Katalysator dient. Damit haben die Forscher das Rezept in den Händen, das Wunder-Protein im Labor nachzubauen. Denn die Substanz direkt aus Wurmrüsseln zu extrahieren, wäre wohl sogar der Weltraumindustrie zu aufwendig.

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