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Medizin

Wie man den Pollen in Trance trotzen kann

Selbsthypnose scheint Heuschnupfen-Symptome zu mildern

Um etwa 30 Prozent können die Heuschnupfen-Symptome gelindert werden, wenn die Betroffenen Selbsthypnose anwenden. Dies hat eine Studie am Basler Universitätsspital ergeben. Die Hauptsaison ist jetzt zwar vorüber, aber er kommt bestimmt, der nächste Pollenflug von Haselstauden, Birken und Gräsern. Bei rund zehn Prozent der in Industrieländern lebenden Menschen beissts und brennts dann wieder in Augen und Hals, und die Nase läuft. Zwar versprechen da Medikamente auf Kortisonbasis und Antihistamine Linderung. Und in ganz schlimmen Fällen kann auch eine Immuntherapie versucht werden, indem der Körper gegenüber den Allergenen desensibilisiert wird.

Wem das Pillenschlucken unsympathisch ist und die Desensibilisierung zu aufwändig, der sollte es vielleicht einmal mit Selbsthypnose versuchen. Zumindest haben Forscher am Basler Universitätsspital damit ermutigende Erfahrungen gemacht und darüber in einer Fachzeitschrift berichtet*.

«Wir haben den Allergikern beigebracht, sich während eines Heuschnupfen-Anfalls in einen tranceähnlichen Zustand zu versetzen und intensiv an eine pollenarme Umgebung zu denken», schildert Prof. Wolf Langewitz gegenüber der baz den Versuchsablauf. Er leitet die Abteilung Psychosomatik am Basler Universitätsspital und zeichnet in dieser Funktion auch für die Selbsthypnose-Studie verantwortlich. «Die lindernde Wirkung ist verstärkt, wenn die Probanden sich möglichst viele passende Sinneseindrücke wie Kälte, das Knirschen des Schnees oder Bilder von Schneekristallen vorstellen», so Langewitz.

Schwer nachzuweisen

Nun kann der Glaube ja Berge versetzen, und so ist es nicht einfach, den Therapienutzen eines komplexen Vorgangs, wie es Hypnose nun mal ist, objektiv nachzuweisen. Langewitz und seine Kollegen versuchten dies. Sie rekrutierten 79 Pollenallergiker und teilten die Frauen und Männer in zwei gemischte Gruppen ein. Die Gruppe A wurde wie oben beschrieben in Selbsthypnose trainiert, während der Gruppe B eine ebenso zeitaufwändige allgemeine Beratung geboten wurde. Beide Gruppen durften wie bis anhin ihre Medikamente zu sich nehmen, wurden jedoch angehalten, über Symptome und Medikamentenkonsum täglich Buch zu führen. Nach der ersten Saison war klar: Wer es mit Selbsthypnose versuchte, hatte die Pollenflugzeit nach eigener retrospektiver Einschätzung um 30 Prozent besser überstanden als die Kontrollgruppe.

Im Jahr drauf durfte dann auch die Kontrollgruppe Selbsthypnose trainieren und erzielte ähnliche Resultate. Daraus schliessen die Forscher, dass nicht die Beratungsgespräche allein schon die lindernde Wirkung zeitigten, sondern dass es dazu tatsächlich die Selbsthypnose brauchte.

30 Prozent Effekt, das wäre ja ein sehr schönes Resultat. Doch die Autoren der Studie relativieren: Damit die Aussage statistisch hieb- und stichfest wäre, hätten etwa zehnmal mehr Versuchspersonen mitmachen müssen. Und nicht auszuschliessen sei, dass sich überdurchschnittlich viele Probanden zur Teilnahme gemeldet hatten, die schon im Vorneherein glaubten, dass Selbsthypnose etwas bringt. Gleichwohl hält Wolf Langewitz das Studienergebnis für plausibel. Er erklärt sich den Therapieerfolg unter Selbsthypnose damit, dass Autosuggestion sehr wohl den Zustand des Gefässsystems beeinflussen und damit beispielsweise das Triefen der Nase stoppen könnte.

Auf Vorrat trainieren?

Und jetzt? Sollen «Heuschnüpfeler» gleich jetzt schon prophylaktisch die Kunst der Selbsthypnose erlernen, um dann im kommenden Frühling gegen Pollen gewappnet zu sein? «Das bringt es nicht», winkt Wolf Langewitz ab. Effizienter als solch eine Trockenübung sei es, sich zu Beginn der kommenden Pollensaison rechtzeitig einer Fachperson anzuvertrauen. Denn ob man zu denen gehört, denen Selbsthypnose hilft, lasse sich nur im Ernstfall – also während eines aktuellen Anfalls – herausfinden.

*«Psychotherapy and Psychosomatics», 2005; 74 bei S. Karger AG, Basel Eine Liste von Hypnose-Therapeutinnen und -Therapeuten führt die Schweiz. Ärztegesellschaft für Hypnose, Dorfhaldenstr. 5, 6052 Hergiswil. www.smsh.ch

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