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Physik

«Phoenix» hofft auf eine sanfte Landung

Am 26.5.2008 soll die US-Sonde nahe dem Mars-Nordpol aufsetzen

Nach knapp zehn Monate langer Reise über eine Distanz von rund 200 Millionen Kilometern ist es in der Nacht auf Montag so weit: Die US-Raumsonde wird, wenn alles gut geht, sanft auf der Marsoberfläche landen. Mit an Bord ist auch die Schweiz. Runter kommen sie immer, das galt in der Vergangenheit jeweils auch für die Marssonden, die von der Erde ausgeschickt wurden, um die Geheimnisse des Roten Planeten zu lüften. Bisher glückten nur fünf von rund einem Dutzend versuchter Landemanöver. Zwar waren jeweils amerikanische Weltraumforscher die Glücklichen. Doch die Nerven sind auch diesmal wieder angespannt. «Das wird kein Spaziergang», sagt Ed Weiler, Phoenix-Manager bei der amerikanischen Weltraumbehörde Nasa. Schon deren «Mars Polar Lander» war 1999 bei der Landung verloren gegangen, niemand kennt den Grund. Nicht besser ging es 2003 dem europäischen Orbiter «Mars Express» mit dessen Landegerät «Beagle».

EUROPÄER SCHAUEN ZU. Dieses Mal wird das Landemanöver gleich von drei um den Mars kreisenden Stationen beobachtet werden. Neben den beiden amerikanischen Orbitern «Mars Reconnaissance» und «Mars Odyssey» wird auch die erwähnte «Mars Express» das Geschehen aus der Nähe, das heisst aus 400 bis 2500 Kilometern Distanz, verfolgen und als Relaisstation bei der Datenübermittlung zur Erde dienen können. Es ist eine Premiere, dass die Europäische Weltraumorganisation ESA ihrer amerikanischen Schwesterorganisation Nasa Hilfestellung anbieten kann oder darf. Dazu haben die Europäer die Flugbahn der «Mars Express» Ende 2007 eigens ein wenig angepasst. «Wenn etwas schief geht, wollen wir wenigstens daraus lernen», meint Paolo Ferri, der bei der ESA die Zusammenarbeit mit der Nasa koordiniert.

Aber schief gehen soll ja nichts. 470 Sekunden vor dem «Touch down» wird Phoenix 125 Kilometer über dem Marsboden in die Atmosphäre eintauchen und während rund vier Minuten von über 20 000 km/h auf 1800 km/h herunter gebremst werden. Jetzt, in 13 Kilometern Höhe, wird der verglühte Hitzeschild abgesprengt, Fallschirm und Landebeine werden ausgefahren. 30 Sekunden vor Grundberührung verlässt das Landegerät die Schutzhülle, 570 Meter über Boden zünden die Bremsraketen, sodass die Sonde schliesslich noch mit etwa 6 km/h auf den Mars plumpsen wird. Mit viel Glück wird dies genau kommenden Montagmorgen um 01:38:32 MESZ passieren. Doch wird es dann wegen der grossen Entfernung nochmals 16 Minuten dauern, bis die hoffentlich frohe Botschaft auf der Erde ankommt.

ALLES ENTSCHEIDENDES WASSER. Viel Zeit, sich nach der langen Reise auszuruhen, wird der Phönix-Sonde nicht gelassen. Kaum hat sich der Staub gesetzt, werden die Solarpanels ausgefahren, die den kostbaren Strom für Kommunikation und den Betrieb der Analysegeräte an Bord liefern sollen. Da kann man nur hoffen, dass nicht ein Fels im rauen Gelände das Entfalten der Sonnenkraftwerke behindert, sonst gäbe es Probleme.

Denn für ihre Arbeit braucht die Sonde alle Energie, die sie nur horten kann. Zweck der Mission ist ja festzustellen, ob es auf Mars je Leben gab, Klima und Boden des Roten Planeten zu erforschen und eine bemannte Marsmission vorzubereiten. Alles dreht sich die Geschichte des Wassers, das – dafür gibt’s Hinweise – noch vor 100 000 Jahren an den heute eisbedeckten Polen unseres Nachbarplaneten in flüssiger Form aktiv war. Während der drei Frühlingsmonate auf dem Mars sollen nun Gesteinsuntersuchungen und chemische Analysen diese Spuren an den Tag bringen.

CHEMIE VOM FEINSTEN. Chemie wird auch eine wichtige Rolle spielen bei der Suche nach organischem Material, gleichsam fossiliertem Leben, und bei der Abklärung der Frage, ob der Planet aufgrund seiner chemischen Zusammensetzung theoretisch überhaupt bewohnbar wäre. Analysiert wird daher die Chemie des Bodens, der Gehalt an Kohlenstoff, Stickstoff Phosphor und Wasserstoff wird bestimmt.

Dazu ist die Phoenix-Sonde mit einem ausgeklügelten Labor ausgerüstet. Alles steht und fällt mit dem 2,4 Meter lange Roboterarm, der einen halben Meter tief graben kann (wenn es der Permafrost denn zulässt) und dem Labor das Analysenmaterial zuschaufelt. Ein Teil der Proben wird in Mini-Öfen erhitzt und die abgegebenen Gase werden analysiert. Andere Marskörner werden vom automatischen Bord-Chemielabor mit Wasser angerührt. Danach wird ein bisschen Säure zugegeben, um die Mineralien auflösen und deren Zusammensetzung bestimmen zu können. Parallel dazu werden die elektrische und thermische Leitfähigkeit des Materials bestimmt.

BLICK AUF NANOSTRUKTUREN. Zusätzlich werden die Marsstaub-Körner vom Lichtmikroskop unter die Lupe genommen, das bis zehntausendstel Millimeter kleine Details erkennen kann. Was noch kleiner ist, wird eben vom Schweizer Rasterkraftmikroskop an den Tag gebracht. Mit dem AFM können sogar bis zehn Millionstel Millimeter kleine Strukturen sichtbar gemacht werden. Falls auch nur kleinste Eiskristalle in den Marsstaub-Körner zugegen sind: sie bleiben den Phönix-Instrumenten nicht verborgen.

Phoenix, so hiess ja ursprünglich der Vogel in der antiken Mythologie, der alle paar hundert Jahre in der Glut der aufgehenden Sonne verbrannte, um danach aus seiner eigenen Asche neu geboren zu werden. Nun, die Planetensonde Phoenix hats zwar nicht mit Asche, sondern bloss mit Marsstaub. Doch was diese Marsmission an Resultaten zur Erde zurücksenden wird, ist sehr wohl geeignet, den Traum vom Leben auf dem Mars entweder endgültig zu begraben – oder dann nachhaltig zu beleben.

Eine sehr eindrückliche Quicktime-Animation vom heiklen Landevorgang und von der Arbeitsweise der Sonde ist zu sehen unter

http://www.guenthernet.de/mars/Phoenix/images/landing/edl_hud_metric_high.mov

Box: Herzstück kommt aus Liestal

Begonnen hatte alles 1999, als das auf Mikro- und Nanotechnik spezialisierte Expertenteam der Universität Basel von der Nasa beauftragt wurde, ein Rasterkraftmikroskop (AFM) zu entwickeln, das selbst unter harten Mars-Bedingungen noch funktionstüchtig bleibt. «Bereits im Oktober 2000 konnten wir die georderten sechs Einheiten liefern», erinnert sich Robert Sum. Er ist Mitbegründer der in Liestal angesiedelten Nanosurf AG, die sich als Spinoff-Firma der Universität Basel auf Entwicklung und Bau von Rasterkraftmikroskopen spezialisiert hat. Nanosurf lieferte denn auch das Herzstück fürs marstaugliche AFM: den Chip mit den acht Ärmchen, deren nano-kleine Spitzen noch Strukturen von wenigen Atomen Durchmesser ertasten können. Hans-Rudolf Hidber vom Basler Departement Physik tüftelte die Elektronik aus und das Team um Physikprofessor Urs Staufer, der jetzt an der Universität Neuenburg forscht, setzte die einzelnen Komponenten zusammen. Eigentlich hätte das Schweizer AFM bereits 2001 auf dem Mars landen sollen. Wegen einer Pechsträhne der Nasa kam es zu der rund siebenjährigen Verspätung. Diese wurde allerdings genutzt, um neben dem übrigen Phoenix-Instrumentarium auch das AFM noch zu perfektionieren.

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