Erfolg für Schweizer Nanowissenschaftler
Datenspeicher von unglaublicher Dichte und ultraschnelle Schalter können vielleicht einmal nach einem Prinzip gebaut werden, das von Schweizer Forschern ausgetüftelt worden ist. Klein ist schön, kleiner noch schöner: Diesem Leitspruch haben sich die Naturwissenschafter aller Richtungen in den vergangenen Jahren verschrieben. Inzwischen ist man dabei, die Nano-Welt der Moleküle und Atome zu erforschen, wo in Milliardstel Metern gemessen wird. Nanometer wird diese Masseinheit genannt, griechisch/lateinisch für «Zwergmeter».
Der Erkundung dieser Kleinst-Welt wird auch in der Schweiz höchste Priorität eingeräumt. Ein Nationaler Forschungsschwerpunkt unter der Leitung des Basler Physikprofessors Hans-Joachim Güntherodt widmet sich seit einigen Jahren der relativ neuen Disziplin namens Nanowissenschaft. Die in einem Netzwerk übers ganze Land zusammen arbeitenden Forscherinnen und Forscher sind schon einige Male fündig geworden. Eben jetzt wieder mit der Beobachtung, dass Fullerene auf einer geeigneten Oberfläche automatisch Ketten bilden, und dass das Wachstum dieser Ketten streng nur in einer Richtung verläuft. Mehr noch: Den Nanowissenschaftlern ist es gelungen, diese Fulleren-Ketten mittels der Spitze eines Rastertunnelmikroskops RTM solcherart rumzuschieben, dass dabei so etwas wie ein Schalter resultiert und zwar funktioniert dies auch bei Raumtemperatur. In der neuesten Ausgabe der Wissenschaftszeitschrift «Angewandte Chemie» berichten die am Basler Institut für Physik, am Paul Scherrer Institut und an der ETH tätigen Wissenschaftler über ihre Arbeiten.
Fullerene sehen aus wie Fussbälle, haben 60 Ecken, in denen je ein Kohlenstoffatom sitzt. Diese Nano-Fussbälle sind bei Nano-Wissenschaftlern ein beliebtes Studienobjekt, weil man sie mit dem RTM gut erkennen kann. Die putzigen Gebilde sind auch als Gefäss für empfindliche Medikamente im Gespräch, die solcherart verpackt unbeschadet an den Wirkungsort im menschlichen Organismus transportiert werden könnten. «Auch deshalb haben wir die Fullerene für unsere Versuche ausgewählt, sie schlagen die Brücke zu den Lebenswissenschaften», räumt Hannes Spillmann im Gespräch mit der BaZ ein (er hat in Basel den physikalischen Teil der Arbeit betreut). Auch das Material für die Unterlage, auf denen die Fullerene manipuliert werden, ist im weiteren Sinn biologisch, es handelt sich dabei um die Stoffklasse der Porphyrine, die überall in der Natur vorkommen. Ein weiteres Beispiel dafür, wie sich Physik, Chemie und Biologie in der Nano-Welt wieder zu einer umfassenden Naturwissenschaft vereinen.
Im konkreten Fall erhofft man sich, die Fulleren-Ketten künftig einmal als elektrischen Schalter einsetzen zu können. Die weitere Miniaturisierung elektronischer Bausteine stösst ja bald einmal an ihre Grenzen, weil das mit der herkömmlichen Silikon-Technologie aus unterschiedlichen Gründen nicht zu schaffen ist. Erst die «Nanoisierung» der Elektronik könnte da einen grossen Sprung nach vorn bringen. Ob dies nach dem von Hannes Spillmann und seinen Kollegen gefundenen Prinzip praktizierbar sein wird, muss sich noch weisen. Denn bis jetzt brauchts immer noch ein RTM, um die Fulleren-Ketten auf Trab zu bringen.
Andererseits erobern Geräte dieser Art zusehends die Praxis, sie sind auch schon im Zündholzschachtel-Format erhältlich. Auch die Eidgenössische Materialprüfungsanstalt Empa will künftig auf diese Technologie setzen. So hat sie zusammen mit dem (Basler) Nano-Wissenschaftler Prof. Hans Josef Hug ein Rasterkraftmikroskop entwickelt, mit dem die molekularen Strukturen von Textilfasern und somit deren Eigenschaften (Farbschimmer, Wassersättigungsvermögen) gezielt manipuliert werden können. Das neue Gerät ist dieser Tage an der nanofair in St.Gallen zu bewundern.