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Pharmamarkt

Dank Gentest die richtige Dosis

Ein Gentest von Roche machts möglich

Künftig können Ärzte vorhersagen, wie Patienten auf Medikamente reagieren werden. Es ist ein wenig wie beim Alkohol: Der Eine erträgt mehr, den andern haut bereits ein Glas Bier unter den Tisch. Körpereigene Enzyme sinds, eine Art Katalysator, die den Abbau von Fremdstoffen wie Alkohol im Organismus steuern. Läuft die Produktion dieser Enzyme korrekt und auf Hochtouren, wird der Schadstoff rasch abgebaut. Man nennt dann das entsprechende Individuum einen «schnellen Metabolisierer», der eben kaum betrunken oder – falls doch – bald wieder nüchtern wird. Umgekehrt gibt’s die «langsamen Metabolisierer», die überhaupt gar nichts ertragen.

Ähnlich ist die Situation, wenn Patienten bestimmte Medikamente einnehmen: Die einen bauen im Nu einen Wirkstoff ab, der anderen stunden- oder tagelang zu schaffen macht. Doch was schon Paracelsus lehrte, gilt auch heute noch: Die Dosis machts aus, ob ein Pharmakon als Heilmittel wirkt oder als Gift. Doch was ist die richtige Dosis, wenn die Patienten derart unterschiedlich reagieren? Bis jetzt behalf man sich mit einem empfohlenen Mittelwert, der Rest blieb der Experimentierfreude des Arztes überlassen.

Gentest erlaubt Vorhersage

Damit wird in Zukunft Schluss sein. Denn mit Gentests kann man neuerdings vorhersagen, ob ein bestimmter Patient ein schneller oder langsamer Metabolisierer ist. Der Arzt kann also vorweg prüfen, wie sein Schützling auf den Wirkstoff anspricht und wie hoch die Dosis im vorliegenden Fall angesetzt werden soll. Ein erster solcher Test mit Namen AmpliChip450 – gemeinsam entwickelt von Roche Diagnostics und der kalifornischen Biotech-Firma Affymetrix – trägt nun das in der EU relevante CE-Gütezeichen («Conformité Européenne») und wird somit auch in der Schweiz verfügbar. Der Test macht sich die Tatsache zunutze, dass die Produktion von Enzymen, die den Körper von Fremdstoffen befreien, von Genen gesteuert ist. Konkret analysiert der Test die individuellen Variationen in den Genen Cytochrom P450, 2D6 und 2C19.

«Diese spielen beim Abbau von etwa 30 Prozent der verschriebenen Medikamente eine wichtige Rolle», so Heino von Prondzynski, Leiter von Roche Diagnostics und Roche-Konzernleitungsmitglied, zur BaZ. Darunter fallen unter vielen anderen etwa Psychopharmaka, Schmerzmittel, Betablocker, Blutverdünner und auch Malariamittel. Der Test basiert einerseits auf der bewährten Polymerase-Kettenreaktion (PCR) von Roche und andererseits auf der relativ neuen Fähigkeit von Affymetrix, DNA-Chips von hoher Dichte herstellen zu können: Auf Glasplättchen von Daumennagel-Grösse sind 15000 verschiedene DNA-Fragmente, so genannte Proben, angeordnet, die im konkreten Fall von den oben erwähnten Cytochrom-Genen und deren Anomalien stammen. Wird nun eine zu untersuchende menschliche DNA-Probe markiert und auf den Chip gebracht, so reagiert das Erbmaterial des Patienten solcherart mit den Proben, dass mit speziellen Geräten abgelesen werden kann, zu welchem «Metabolisierer-Typ» das entsprechende Individuum zählt.

Ein Milliarden-Markt

Somit könne man jetzt den Ärzten ein Instrument in die Hand geben, das eine «individualisiertere Behandlung» der Patienten ermögliche, freut sich Heino von Prondzynski. Gleichzeitig sei die Vergabe des CE-Kennzeichens für Roche der Startschuss, «eine neue Produktelinie mit diagnostischen Tests auf DNA-Chip-Basis aufzubauen». Das Marktvolumen für solche Produkte schätzt er weltweit auf 12 bis 14 Milliarden Franken – allein von AmpliChip CYP450 erhoffen sich Roche und Affymetrix einen Peak-Umsatz in Höhe von 100 Millionen Franken.

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