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Chemie

Neuer Trick fürs Chemielabor

US-Forscher haben eine Methode herausgefunden, wie chemische Reaktionen mechanisch statt mit Hitze oder Druck in Gang gesetzt werden können. Die meisten Moleküle sind faul und träge. Am liebsten verharren sie in dem Zustand, in dem sie sich gerade befinden. Zum Glück, möchte man sagen. Denn wären chemische Verbindungen nicht von Haus aus reaktionsfaul, würde ständig alles mit allem reagieren, gäbe es keine stabilen Materialien. Dann wäre tatsächlich alles ununterbrochen im Fluss.

Für den Chemiker wird die «konservative» Neigung der Moleküle allerdings dann zum Problem, wenn er eine neue Substanz kreieren möchte. Denn damit Neues entsteht, müssen die Ausgangsstoffe in der Regel zuerst einmal «angeregt», auf ein höheres Energieniveau angehoben werden, um so miteinander reagieren zu können. Dem Chemiker stehen im Prinzip mehrere Möglichkeiten zur Verfügung, diese Energiebarriere zu überwinden. Je nach Art der gewünschten chemischen Reaktion kann er das Gemisch der Ausgangssubstanzen entweder erhitzen oder mit Licht behandeln, Druck anwenden oder ein elektrisches Potential anlegen.

Eine Gruppe von US-Chemikern unter der Leitung von Charles Hickenboth von der Illinois-Universität hat nun einen weiteren Trick herausgefunden, wie man Molekülen auf die Sprünge helfen kann: Wie die Forscher in der neuesten Ausgabe von «Nature» berichten, geht’s auch mit mechanischen Zugkräften. Es handelt sich zwar um einen Spezialfall, den die Chemiker da beschreiben. Falls dieser jedoch Schule machen sollte, könnte dies die chemische Synthesetechnik revolutionieren.

Im beschriebenen Element hatten die Chemiker ein mechanisch sensitives ringförmiges Molekül in lange Polymerketten eingebaut. Wurde nun an den Polymerketten gezogen (in diesem Fall wurden die Zugkräfte durch Ultraschallwellen ausgelöst), so öffnete sich die Ringstruktur, aber ohne dass dabei die Kette riss. Es entstand eine neue chemische Verbindung, die auf anderem Weg (mit Hitze oder Druck) nicht zu synthetisieren war.

Was vorerst bloss Fachleute faszinieren dürfte, kann durchaus auch einmal praktische Anwendung finden. Solche auf mechanischen Zug reagierende Moleküle könnten einmal in Gebäuden vor Strukturversagen warnen, bevor es zu spät ist oder das Brechen von Kabeln hinauszögern. Doch wie oft ist wohl auch in diesem Fall der Weg von der Theorie in die Praxis lang.

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