Was am Anfang war, das Huhn oder das Ei, darüber wird wohl endlos weiter gestritten werden können. Hingegen ist die Frage jetzt zweifelsfrei beantwortet, wer Amerika zuerst entdeckt hat, ob Kolumbus oder das Huhn. Das Huhn wars. Seit über dreissig Jahren debattieren Wissenschaftler, wann wohl das Haushuhn den amerikanischen Kontinent erreicht haben könnte. Ob schon zu vor-kolumbianischen Zeiten als Proviant polynesischer Seefahrer oder doch erst um 1500, als spanische und portugiesische Siedler sich in Südamerika niederliessen. Lange hatte die letztere Hypothese die Oberhand. Erschüttert wurde diese Theorie allerdings durch Berichte, wonach spanische Eroberer in Peru bereits 1532 beobachtet haben wollen, wie Hühner bei religiösen Zeremonien geopfert wurden. Dass sich das Hühnervieh innert bloss 32 Jahren von der Karibik her bis an die Pazifikküste ausgebreitet haben könnte, um dort im Namen eines Gottes Federn zu lassen, erschien dann doch wenig wahrscheinlich.
War es auch nicht, schreibt Alice A. Storey, Anthropologin an der Universität Auckland / Neuseeland, diese Woche in der Wissenschaftszeitschrift «PNAS». Sie und einige Kollegen hatten Hühnerknochen genauer unter die Lupe genommen, die auf der chilenischen Halbinsel Arauco ausgegraben worden waren. Die Knochen mussten Tieren gehört haben, die zwischen 1304 und 1424 lebten, ergab die Datierung mittels Topfscherben, die am gleichen Ort gefunden wurden. Das Huhn hatte demnach Amerika gut 100 Jahre vor den Europäern entdeckt.
DNA-Analysen verrieten auch, von wo das Haushuhn aufgebrochen war, um Amerika zu erobern: von Polynesien aus. Zumindest wurden in Grabungsstätten auf Tonga und Samoa Überreste von Geflügel gefunden, das mit dem Chile-Huhn offenbar genetisch nahe verwandt war. Demnach wäre das Huhn tatsächlich auf einem polynesischen Boot über den Pazifik eingereist. Womit wieder einmal bewiesen wäre, dass nicht immer alles Gute aus dem Westen kommt.