Manche streiten sich um des Kaisers Bart, die Affenbande zankt um die Kokosnuss und auf Lanzarote prozessiert man um ein paar Ziegenknochen. Nicht dass es davon nicht genügend gäbe auf der zu den Kanaren zählenden Insel. Ziegen gehören ja zu den wenigen Nutztieren, denen es so richtig wohl ist auf dem kargen Eiland mit dem Sahara-Klima.
Sie fressen zur Not auch Kakteen. Aber die Knochen, um die es hier geht, sind von besonderer Art. Gefunden wurden sie von Ludwig Zöller, einem deutschen Löss-Forscher. Ja das gibt’s. Die Gilde traf sich eben dieser Tage zu einem Kongress auf Lanzarote. Ludwig Zöller also hatte Ziegenknochen gefunden und zwar an einem Ort, wo es eigentlich keine geben sollte: In einer Lössschicht, deren Material vor 5000 bis 10000 Jahren von der nur wenige 100 Kilometer entfernten Sahara herübergeweht worden war. Bloss: Gemäss vorherrschender Lehrmeinung war die Insel erst vor etwa 3000 Jahren besiedelt worden. Und jetzt stellt sich natürlich die Frage, was Haustiere ohne Häuser respektive Menschen hier zu suchen hatten. Jedenfalls stellt Zöllers Fund die herkömmlichen Theorien um die frühe Besiedlung der Kanaren-Insel auf den Kopf. Unter normalen Umständen könnte ein Wissenschaftler ob solch einer Entdeckung Ehre und Ruhm einheimsen. Nicht Ludwig Zöller. Vielmehr flatterte dem in Bayreuth lehrenden Forscher kürzlich eine Anklageschrift der Inselverwaltung ins Haus. Er wird des Diebstahls von Kulturgut bezichtigt – wenn das die Ziegen wüssten. «Irgendjemand (war es ein neidischer einheimischer Kollege?) hat mich verpfiffen», meint der Löss-Forscher frustriert zur baz. Derweil also aus den Ziegenknochen Juristenfutter gemacht wird, wissen die Lanzarotenen immer noch nicht, ob ihre Vorfahren nun aus der Jungsteinzeit stammen oder bloss aus der Antike. Gross kümmern tut sie das nicht. Es geht ihnen auch so ganz gut.