Kategorien
Medizin

Kampf gegen Hautkrebs hat gute Aussichten

Gegen Melanome wächst kein Kraut

Längst kommt die Diagnose «Hautkrebs» nicht mehr einem Todesurteil gleich. Auch dem gefürchteten schwarzen Hautkrebs, dem Melanom, stehen die Ärzte nicht länger machtlos gegenüber. Man kann etwas tun dagegen, aber man muss es im Frühstadium der Krankheit tun. Skalpell, radioaktive Strahlung und Chemotherapie: So sieht das Arsenal aus, das den Dermatologen zur Verfügung steht zur Behandlung des Hautkrebses in all seinen Erscheinungsformen. Welches Instrument der Arzt dann tatsächlich in die Hand nimmt, hängt von der Diagnose ab. Und die kann nicht sorgfältig genug erstellt werden, sind sich alle Fachleute einig.

«Die Diagnose muss 100 Prozent gesichert sein», mahnte denn auch Reinhard Dummer vergangene Woche während eines Roundtable-Gesprächs am Internationalen Hautkrebs-Kongress in Zürich. Prof. Dummer ist Leitender Arzt an der Dermatologischen Klinik des Zürcher Universitätsspitals und hat dort zusammen mit seinen Kollegen ein eigentliches Kompetenzzentrum für Diagnose und Behandlung von Hautkrebs aufgebaut. «Die Haut muss von Spezialisten behandelt werden, und das sind eben die Dermatologen»: Reinhard Dummer und seine Kollegen befürchten, dass Hauttumore öfters unsachgemäss behandelt werden, seit neben den chirurgischen auch andere, auf den ersten Blick schonendere Methoden zur Verfügung stehen. «Heute hat beinahe jede Kosmetikerin einen Laser zur Verfügung, mit dem etwa Alters- und Leberflecken wegradiert werden können. Aber was, wenns doch was anderes war?» Die Unterscheidung zwischen harmlos und gefährlich sei eben nicht immer einfach, so Prof. Dummer. Ein Irrtum könne aber tödlich sein, warnt er. «Einen metastasierenden Hautkrebs falsch zu behandeln, hat für den Patienten mit 95-prozentiger Wahrscheinlichkeit tödliche Folgen.»

Aus diesem Grund ist das gute alte Skalpell bei den Dermatologen längst nicht aus der Mode gekommen. «Wenn wir was rausschneiden, dann geben wir es dem Pathologen zur Begutachtung und wissen danach, was das war», verteidigt Prof. Dummer die konservative Methode (vgl. auch Bildgeschichte oben). Doch nach Möglichkeit und sorgfältiger Abklärung verzichte man gern aufs Schneiden und wende sanftere Methoden an. Eine erst seit diesem Frühling in der Schweiz zugelassene Technik, nicht metastasierende Basaliome und deren Vorläufer (Aktinische Keratose) zu behandeln, wurde diskutiert.

Mit Licht gegen Lichtschäden

«Photodynamische Therapie» heisst die neue Technik, die trotz allen oben geschilderten Vorbehalten von den Teilnehmern am Hautkrebs-Kongress für bestimmte Fälle zur Anwendung empfohlen wird. Dabei handelt es sich um eine Oberflächen-Behandlung, mit der vor-krebsartige Läsionen (wie etwa Aktinische Keratosen) und Basalzellen-Karzinome spielend entfernt werden können. Das Prinzip ist einfach und elegant: Die befallenen Hautstellen werden mit Metvix-Creme eingestrichen, deren Wirkstoff selektiv nur von den Tumorzellen absorbiert wird und diese überempfindlich macht für Licht. Nun wird die so vorbehandelte Hautpartie rotem Licht ausgesetzt, was wiederum in den Krebszellen photodynamische Reaktionen auslöst. An deren Ende stehen Sauerstoff-Radikale (Einzelatome), die sehr aggressiv sind und folglich die Krebszellen zerstören.

Eine elegante Methode, da waren sich alle Fachleute einig, weil auf diese Weise tatsächlich nur Krebszellen eliminiert werden und das umliegende Gewebe geschont wird. Und «man kann sie wenn nötig beliebig oft wiederholen», so Prof. Dummer. Aber eben nur, wenn die Diagnose eindeutig ist.

Ein Viertel kommt zu spät

Anders ist die Situation, wenn der Arzt eine Hautveränderung als Melanom, schwarzen Hautkrebs, diagnostizieren muss. Glück im Pech haben dann die Betroffenen, wenn dies im Frühstadium geschieht und die Krebsläsion nicht mehr als einen Millimeter in die Haut eingedrungen ist. Dann kann sie nämlich chirurgisch entfernt werden, und der Patient ist noch einmal davongekommen, denn in diesem Frühstadium – da waren sich die in Zürich versammelten Fachleute einig – ist es wenig wahrscheinlich, dass das Melanom bereits Ableger gebildet hat im Körper.

Doch trotz aller Aufklärungskampagnen kommt immer noch rund ein Viertel aller Patienten zu spät in ärztliche Behandlung, bereits von Metastasen in Lunge oder Darm geplagt. Ihnen wird mit Chemo- oder Immuntherapie zu helfen versucht – allerdings sind die Erfolgsaussichten nicht berauschend.

Bestenfalls einen Hoffnungsschimmer lässt aufkommen, was Prof. Axel Hauschild vom Universitätsspital Schleswig-Holstein über seine Erfahrungen mit Interferon-Behandlungen berichtete. Er konnte bei einigen Patienten mit Interferon-alpha eine Verlängerung der krankheitsfreien Überlebenszeit um zehn Prozent erreichen. «Interferon bewirkt etwas, aber nur bei bestimmten Patienten. Und die sind leider nicht im Voraus zu identifizieren», fasste er die unsichere Faktenlage zusammen. Doch hat Axel Hauschild die Hoffnung noch nicht aufgegeben. Er empfiehlt, das Immuntherapeutikum möglichst lange – über 12 bis 18 Monate – zu geben. Dies sei bis jetzt wegen der hohen Kosten und der schweren Nebenwirkungen des Medikaments nicht getan worden.

Zumindest das Problem mit den Nebenwirkungen könnte laut Prof. Hauschild gelöst werden, wenn künftig pegyliertes Interferon verabreicht wird. Dabei handelt es sich um Interferon-alpha, das an Polyäthylen-Glykol (PEG) gebunden wurde und in dieser Form besser wirkt und langsamer aus dem Körper ausgeschieden wird. Somit muss pegyliertes Interferon nur einmal pro Woche gespritzt werden, der Pegel im Blut bleibt auf ziemlich konstanter Höhe, was auch das bessere Wirkungsspektrum erklärt. PEG-Interferon ist auf dem Markt als PegIntron (Schering-Plough) erhältlich und als Pegasys (Hoffman-La Roche). Beide Präparate werden bisher in erster Linie als Mittel der Wahl bei Hepatitis C eingesetzt.

Wenn Zellen ewig leben wollen

Noch ganz in den Anfängen steckt ein weiterer Ansatz, dem Melanom und seinen Ablegern Meister zu werden. Krebszellen zeichnen sich ja dadurch aus, dass sie unkontrolliert wachsen. Doch nicht nur dies, sie wollen auch nicht sterben, wenn es an der Zeit wäre. Apoptosis nennt man den programmierten Zelltod, der von Natur aus die Lebensdauer einer jeden Zelle begrenzt. Ausser in Krebszellen. Diese haben nämlich einen Trick entwickelt, dem Tod ein Schnippchen zu schlagen.

Heute weiss man, wie sie dies tun. Nämlich indem sie überdurchschnittlich hohe Mengen so genannter Anti-Apoptose-Proteine produzieren. Und diese unterdrücken vereinfacht gesagt sämtliche Todessignale, die natürlichen wie die von aussen (etwa in Form von Krebsmedikamenten) zugeführten. Dies erklärt, weshalb Krebszellen und besonders Melanome derart häufig Chemotherapie-resistent sind.

Kurze Stückchen Erbsubstanz

Privatdozent Uwe Zangemeister, Forschungsleiter Molekulare Onkologie am Zürcher Universitätsspital, schilderte am Hautkrebs-Kongress, wie der Spiess auch umgekehrt und Krebszellen dank dem Wissen um die Mechanismen des programmierten Zelltodes ausser Gefecht gesetzt werden können. Dies geschieht auf der Ebene der Genexpression, die letztlich für die Überproduktion dieser den Zelltod verhindernden Proteine verantwortlich ist.

So genannte Oligonukleotide, nichts anderes als kurze Stückchen Erbsubstanz, können als «Antisense»-Moleküle das Ablesen der genetischen Information für die Anti-Apoptose-Proteine stören und so deren Produktion blockieren. Erste Studien, bei denen Melanom-Patienten etwa mit dem Oligonukleotid G3139 behandelt wurden, seien ermutigend verlaufen, so Uwe Zangemeister am Kongress. Eine Phase-III-Studie sei in Angriff genommen worden. Er sieht sogar die Möglichkeit, mit zweifunktionalen massgeschneiderten Oligonukleotiden gleichzeitig die Sperre für den Krebs-Zelltod zu überwinden und erst noch die Krebszelle empfindlicher zu machen für Chemotherapeutika. Das könnte dann wirklich ein Hoffnungsschimmer sein für viele Melanom-Patienten.

Die vielen Formen des Hautkrebses

Am häufigsten kommen sie in Australien vor, und die Schweiz belegt auf der Welt-Rangliste den Platz 4: Karzinome der Haut zählen zu den häufigsten Krebsarten überhaupt – und die Zahlen steigen immer noch an. Unbestritten ist, dass in den meisten Fällen übermässige UV-Bestrahlung, lies häufiger Sonnenbrand, das Krebswachstum auslöst. Dadurch wird die Erbsubstanz der Haut geschädigt, es kommt in der Folge zu unkontrolliertem Zellwachstum. Deshalb liegt das Augenmerk im Kampf gegen Hautkrebs in der Prävention, auch hier gilt: Vorbeugen ist besser als heilen (vgl. BaZ vom 23. Juli).

Besonders gefürchtet unter den verschiedenen Hautkrebs-Typen ist das Melanom, der schwarze Hautkrebs. Denn er hat die Tendenz, in anderen Körperregionen Ableger, Metastasen, zu bilden. Wird das Melanom rechtzeitig entdeckt und operiert, liegen die Heilungschancen bei 90 Prozent. Unbehandelt überleben hingegen kaum zehn Prozent der Melanompatienten.

Weniger gefährlich sind die Non-Melanom-Hauttumoren, der «weisse Hautkrebs». Wichtigster Vertreter ist das Basaliom, eine langsam wachsende und in der Regel nicht metastasierende Wucherung. Gleichwohl müssen Basaliome vom Facharzt behandelt werden, weil sie sich sonst ausbreiten und entstellend wirken können.

Auch das Spinaliom ist ein weisser Hautkrebs, der aber auch Metastasen bilden kann. Wie ein solcher Krebstyp erfolgreich behandelt wird, veranschaulicht die Bildserie auf der vorigen Seite.

Wäre doch bloss weisse Haut wieder Mode

Jede fünfte Person erkrankt in der Schweiz im Laufe des Lebens an einem Hauttumor. Die Tendenz steigt und es ist erwiesen weshalb: Der modische Zwang zur «gesunden» Sonnenbräune ist schuld. Am Internationalen Hautkrebs-Kongress in Zürich wird beraten, was zu tun ist.

«Ich gehöre zu den Menschen, die selbst im Keller noch braun werden», sagt Ruth Barbezat von sich. Die meisten Zeitgenossen würden sie um ihre Haut beneiden, die so rasch und wie von selbst braun zu werden scheint. Doch hat Ruth Barbezat zuweilen auch ein Problem mit ihrem bronzefarbenen Teint. Denn beruflich ist sie als «Programmleiterin Hautkrebs» für die Krebsliga Schweiz unterwegs. Und als solche sollte sie uns eigentlich davon überzeugen, dass braune Haut vollkommen uncool ist, eben weil häufiges Sonnenbaden mit Hautkrebs bestraft wird.

Wir glauben Ruth Barbezat gerne, dass sie sich nicht mutwillig von der Sonne rösten lässt, dass sie ihre Hausaufgaben gemacht, ihren Hauttyp bestimmt hat und sich tatsächlich nur berufsbedingt an der Sonne aufhält. Eben etwa, wenn sie mit ihrem Team in Schwimmbädern auf Tour ist, um dort Jugendliche, Eltern und Kinder über den richtigen Sonnenschutz aufzuklären. Rund 1,5 Millionen Franken stehen in der Schweiz jährlich für diese Aufklärungskampagnen zur Verfügung, zwei Drittel der Mittel werden von Sponsoren aufgebracht, den Rest trägt die Krebsliga bei.

Grosses Vorbild beim Kreuzzug gegen das Sonnenbaden ist Australien. Dort scheint die Sonne ja im Allgemeinen etwas häufiger und intensiver als bei uns. Entsprechend sind die zerstörerischen Folgen, die intensive Sonnenbestrahlung haben kann, in den Antipoden schon seit Jahrzehnten ein Politikum. Robin Marks, Dermatologieprofessor in Melbourne, ist anlässlich des gegenwärtig in Zürich tagenden Internationalen Hautkrebs-Kongresses in die Schweiz gereist, um das australische Erfolgsmodell vorzustellen. Gestern hat er seine Strategie auch vor den Medien erläutert.

Australien als Vorbild

Dass Hautkrebs in Robin Marks‘ Heimat tatsächlich ein Problem ist, zeigen schon die Zahlen. Rund 45 Australier auf 100 000 Einwohner erkranken jedes Jahr am «schwarzen Hautkrebs», wie das Melanom auch genannt wird – in der Schweiz sinds deren 12 bis 18. Wird der Krebs nicht früh erkannt und behandelt, ist er tödlich. Robin Marks hat ein radikales Rezept, solches zu verhindern. Nämlich sich gar nicht unbedeckt draussen aufzuhalten. Er selber scheint sich eisern an diese Regel zu halten, zumindest entspricht er nicht dem Bild, das wir uns von Australiern sonst so machen, sondern sieht schon beinahe ungesund bleich aus.

Seit gut zwanzig Jahren predigt Robin Marks seinen Landsleuten, es ihm gleich zu tun, sich möglichst wenig an die Sonne zu begeben, vor allem nicht zwischen 10 und 15 Uhr. Und wenn schon, dann wenigstens gut beschützt von Kleidung. Vom Einreiben mit Sonnenschutzmitteln hält er nicht eben viel. «Das ist erst in dritter Linie sinnvoll», meint er – sei aber immer noch besser, als sich gar nicht zu schützen. Hormone, die gemäss jüngsten Medienberichten in einigen Sonnencrémes enthalten sein sollen, stellten das geringere Risiko dar, so die Meinung aller am Mediengespräch mitwirkenden Fachleute.

Die Bemühungen des eifrigen Professors scheinen Früchte zu tragen. Bereits kann man unter den jüngeren Australiern eine leichte Abnahme der Melanom-Häufigkeit registrieren. Wäre da bloss nicht die Solarienindustrie, die neuerdings mit den angeblich gesunden Bräunungsstrahlen ihrer Produkte wirbt. «Kompletter Unsinn», so Professor Marks. Er fürchtet, dass die Solarienmode den Trend zum Guten wieder umkehren könnte.

Die Haut gut beobachten

Vorbeugen ist sicher besser als heilen, doch was tun, wenn sich auf der Haut verdächtige Veränderungen zeigen? «Früherkennung ist zentral», mahnte Günter Burg vor den Medien. Er ist Direktor der Dermatologischen Klinik am Universitätsspital Zürich und Präsident des Hautkrebs-Kongresses. «Hautveränderungen, ein Muttermal, das blutet oder wächst, sollten unbedingt dem Arzt gezeigt werden.» Denn je früher ein möglicherweise bösartiger Hautkrebs erkannt werde, desto besser stünden die Heilungschancen. «Man muss die Leute daher unbedingt dazu anhalten, ihre Haut regelmässig und sorgfältig auf Veränderungen zu kontrollieren», ist Burg überzeugt.

Diese Seite verwendet Cookies, um die Nutzerfreundlichkeit zu verbessern. Mit der weiteren Verwendung stimmst du dem zu.

Datenschutzerklärung