Chemie-Nobelpreis geht an die Entdecker des grün fluoreszierenden Proteins GFP
Was ursprünglich den Quallen abgeguckt wurde ist heute ein wichtiges Werkzeug der Biotechnologie und wird auch schon in der Umwelttechnik eingesetzt: leuchtende Proteine. Für deren Entdeckung wurden drei Forscher mit dem Nobelpreis ausgezeichnet. Aus biotechnischen Produktionsprozessen sind sie kaum mehr wegzudenken. Und wenn es darum geht, Spuren von Arsen oder Schwermetallen in der Umwelt aufzuspüren, leisten leuchtende Proteine nützliche Dienste. Neuerdings flackern sie auch grün auf in der Gegenwart von Sprengstoff und spielen so ihre Rolle in der Terrorismus-Bekämpfung. All dem liegt ein Trick zu Grunde, den die drei frisch gebackenen Chemie-Nobelpreisträger Osamu Shimomura, Martin Chalfie und Roger Y. Tsien in den vergangenen 50 Jahren der Natur abgeguckt und zur Perfektion weiter entwickelt haben.
Die Geschichte begann kurz nach dem zweiten Weltkrieg in Japan. Wegen der Kriegswirren und den katastrophalen Folgen des Atombomben-Abwurfs aus Nagasaki war dem jungen Osamu Shimomura ein reguläres Chemiestudium verwehrt. Trotzdem erhielt er beim damals berühmten Chemiker Yoshimasa Hirata eine Assistentenstelle. Dieser setzte ihn auf ein Problem an, an dem sich bis dato noch jede Forschergruppe die Zähne ausgebissen hatte: herauszufinden, weshalb die zerstossenen Schalen des Muschelkrebses Cypridina blau leuchten, wenn sie mit Wasser in Berührung kommen. Schon nach einem Jahr hatte Shimomura die Lösung und konnte Kristalle des Cypridin-Luziferins vorweisen, wofür ihn die Nagoya-Universität mit dem Doktortitel belohnte.
Dieser erste Erfolg trug Shimomura einen Ruf an die Universität von Princeton ein, wo er fortan nach dem Stoff suchte, der Quallen «ergrünen» lässt, wann immer sie gestört werden. 10 000 Quallen mussten gefangen und ausgepresst werden, um ein paar Milligramm des blau leuchtenden Aequorins gewinnen zu können. Bei dieser Gelegenheit entdeckten Shimomura und seine Kollegen noch ein weiteres Protein, das grün aufleuchtet, sobald es mit UV-Licht bestrahlt wird, und zwar ohne Hilfe von chemischen Zutaten. Es wurde grün fluoreszierendes Protein genannt, GFP.
Bald schon war klar, dass mit GFP viele Vorgänge in den lebenden Zellen «beleuchtet» werden könnten, die bis jetzt dem Auge respektive dem Mikroskop verborgen blieben. Bloss: Wie bringt man das GFP in die Zellen rein, ohne deren Funktion zu stören? An diesem Punkt kam Martin Chalfie ins Spiel. Ihm und seinen Mitarbeitern gelang es, erstens das Gen zu isolieren, das für die Produktion von GFP zuständig ist. Und zweitens entwickelte er die gentechnische Methode, mit welcher er das GFP-Gen in jeden beliebigen Organismus hineinschleusen kann, damit es dort vor Ort die Produktion von fluoreszierendem GFP anregt. So wird es möglich, unter UV-Licht die Aktivität von mit GFP markierten Proteinen innerhalb der Zellen sichtbar zu machen, dies bei Bakterien, Würmchen, Fischen oder gar Kaninchen.
Roger Tsien, der Dritte im Bunde der diesjährigen Chemie-Nobelpreisträger, verhalf dann der Anwendung von GFP zum endgültigen Durchbruch. Er pröbelte mit den Chromophoren, den farbgebenden Regionen auf dem GFP, so lange herum, bis er verschiedenfarbig fluoreszierende Proteine erhielt, von gelb bis blau. Somit kann man jetzt die Zellaktivität mehrerer verschieden eingefärbter Proteine gleichzeitig beobachten und auseinander halten. Nur die rot leuchtenden Proteine konnten erst später – von Russen – hergestellt werden. Gleichwohl kann Tsien für sich in Anspruch nehmen, die vorerst bloss grüne Revolution im Chemielabor in eine bunte verwandelt zu haben.