Sind Sie männlichen Geschlechts? Und haben Sie sich auch schon gewundert, wie viel sich Frauen zu erzählen haben, besonders etwa im Ruheabteil des Intercity-Zuges? Und haben Sie dabei «typisch Frau» vor sich hin geseufzt? Nun, dann liegen Sie komplett falsch. Denn entgegen landläufiger Meinung sind Frauen nicht geschwätziger als Männer. Dies zumindest schreibt der Psychologe Matthias Mehl, also ein Mann, heute im Wissenschaftsmagazin «Science».
Dabei hatte ausgerechnet die Neuropsychiaterin Louann Brizendine vergangenes Jahr in ihrem Buch «Das weibliche Gehirn» das alte Vorurteil salonfähig gemacht: Frauen würden im Schnitt pro Tag etwa 20 000 Worte gebrauchen und somit dreimal mehr, als von Männern zu hören sind. Das sei wissenschaftlich erwiesen.
Eben letzteres stimmt nicht, kontern nun Matthias Mehl und sein Forscherteam. Sie müssen es wissen, denn sie haben zwischen 1998 und 2004 gelauscht, was und wie viel 210 Studentinnen und 186 Studenten den ganzen Tag über geistig Hochstehendes von sich gaben. Dazu wurde den Probandinnen und Probanden während jeweils maximal zehn Tagen ein Ton-aktiviertes digitales Aufnahmegerät umgehängt, das jedes Wort registrierte, das gesprochen wurde. Und siehe da: Besonders markant unterschieden sich Weiblein und Männlein gar nicht punkto Geschwätzigkeit. Jedenfalls sei der Unterschied mit täglich 16 215 kontra 15 669 Wortzählungen nicht signifikant, halten die Forscher fest.
Allerdings räumen sie auch ein, dass die belauschte Gruppe junger Leute nicht unbedingt repräsentativ ist für die Gesamtbevölkerung. Könnte ja sein, dass Studierende sich halt mehr mitzuteilen haben als der Durchschnittsmensch. Und könnte ja auch sein, dass es (Ehe-) Männern erst in fortgeschrittenerem Alter die Sprache verschlägt. Wie auch immer. Bevor Sie sich nächstens wieder aufregen ob des weiblichen Geplauders im SBB-Ruheabteil, denken Sie daran: Reden ist Silber, Schweigen ist Gold.