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Chemie

Ein Schnappschuss vom Leben

Roger D. Kornberg erhält den Chemie-Nobelpreis für die Entdeckung, wie Gene kommunizieren

Er hat sichtbar gemacht, wie die in den Genen gespeicherte Information genutzt wird und ist dafür mit dem Chemie-Nobelpreis ausgezeichnet worden: der amerikanische Biochemiker Roger D. Kornberg. Es bleibt in der Familie: Vor 47 Jahren durfte Klein-Roger seinen Vater Arthur Kornberg nach Stockholm begleiten, um dort den Nobelpreis für Physiologie und Medizin in Empfang zu nehmen. Dieses Jahr ist Roger D. Kornberg, inzwischen Medizinprofessor an Kaliforniens Stanford-Universität, selber an der Reihe, mit der höchsten wissenschaftliche Auszeichnung geehrt zu werden. Die Familiensaga lässt sich gar noch weiter spinnen: Vater und Sohn erhielten den Nobelpreis für Forschungsleistungen auf demselben Gebiet, nämlich der Genetik.

Kornberg senior hatte damals herausgefunden, wie genetische Information von einer Mutterzelle auf ihre Töchter übertragen wird. Und der Sohn erhält nun den Chemie-Nobelpreis für seine Entdeckung, wie die Baupläne aus den Genen abgelesen werden, und so der Bau von Proteinen in den Zellen – und damit Leben – erst möglich wird.

Damit die in der DNA der Gene gespeicherte Information genutzt werden kann, muss sie erst einmal in die Boten-RNA umkopiert werden, um in dieser Form als Plan dienen zu können für den Bau von Proteinen. Transkription wird dieser Prozess genannt. Er ist lebenswichtig, bestimmt etwa, ob ein Gen ein- oder ausgeschaltet wird, ob aus einer Stammzelle ein Herz wächst, eine Niere oder gar eine Krebszelle. Ist der Kopierprozess – etwa durch eine Pilzvergiftung oder eine Entzündung – gestört, herrscht akute Lebensgefahr. Schon ein Fehler auf 10 000 Kopiervorgänge genügt. Daraus ergeben sich interessante Therapieansätze für die Medizin – falls es je gelingen sollte, die DNA-RNA-Transkription gezielt zu manipulieren.

Vom Schnappschuss zum Film. Wie die Transkription von Erbinformation in Bakterien funktioniert, weiss man schon einige Zeit. Hingegen erwies sich die Aufklärung dieses lebenswichtigen Prozesses in sogenannten eukariotischen Zellen, aus denen etwa Hefekulturen und Säugetiere zusammengesetzt sind, als viel schwieriger, weil hier mehrere chemische Hilfsstoffe zusammenwirken müssen.

Hier hakt Roger Kornberg ein. Für seine Arbeiten benutzt er Hefezellen, weil diese sich einfacher kultivieren lassen als Zellen von Säugetieren, genetisch jedoch ähnlich ticken und somit das ideale Modell abgeben. Mit einem Trick gelingt es dem Preisträger, die DNA-RNA-Transkription in Hefezellen anzuhalten, indem er die für den Kopiervorgang dringend benötigten chemischen Bestandteile in der Nährlösung entweder zugibt oder auch weglässt. Mehr noch: Die unfertigen Kopien lassen sich danach in Kristallstruktur überführen und in dieser Form mit Röntgenstrahlen untersuchen. Mit den gewonnenen Daten können – vom Computer unterstützt – Bilder generiert werden, auf denen bis ins Detail auszumachen ist, welche Art von Molekülen am Transkriptionsprozess beteiligt ist. Der Kopiervorgang wird quasi eingefroren, vom Leben wird ein Schnappschuss genommen.

Gegenwärtig entwickelt Roger Kornberg seine Technik weiter, mit dem Ziel, möglichst viele Stufen des Transkriptionsprozesses sichtbar zu machen. Damit sich die einzelnen Schnappschüsse vielleicht einmal zu einem Film des Lebens zusammenfügen lassen.

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