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Zoologie

Damit der Wurm nicht drin bleibt …

Novartis-Forscher haben ein neues Wirkprinzip für den Kampf gegen Fadenwürmer entdeckt. Die Substanz könnte auch als Wurmmittel für den Menschen taugen. Wurmbefall ist vor allem in der Dritten Welt ein grosses Gesundheitsproblem und kann zu Erblindung und Tod führen. Aber auch die Viehwirtschaft leidet unter den parasitären Fadenwürmern: Allein in Australien bewegen sich dich Schäden in Milliardenhöhe. Nematoden (auch Faden- oder Rundwürmer) gibt’s buchstäblich wie Sand am Meer: Dort halten sie sich besonders gern auf, wie überhaupt überall, wo es feucht ist. Oft sind Nematoden im Boden in der Überzahl gegenüber allen anderen vielzelligen Lebewesen. Viele leben als Parasiten in den Eingeweiden von Mensch und Tier. Den Rinder- und Schafzüchtern Australiens verursacht etwa der im Magen der Tiere Blut saugende Hämonchus contortus jedes Jahr Schäden in Höhe von drei Milliarden Franken.

Gegen herkömmliche Chemikalien resistent

Die Erfolgsgeschichte der parasitären Nematoden konnte bis jetzt auch nicht mit chemischen Mitteln unterbrochen werden: Die Fadenwürmer sind bereits mehrheitlich resistent geworden gegen alle herkömmlichen Wurmmittel oder Anthelmintika, wie diese in der Fachsprache heissen. Jetzt glaubt eine Novartis-Forschergruppe um Ronald Kaminsky, ein neues Kraut gegen die Wurmplage gefunden zu haben. In der jüngsten Ausgabe von «Nature» beschreiben die in der Novartis-Station St.Aubin arbeitenden Wissenschaftler eine neue chemische Stoffklasse, sogenannte Amino-Acetonitril-Derivate (AADs), die den Schädlingen garantiert den Garaus machen. Lähmt die Würmer Die AADs wirken auf einem ganz anderen Weg als die herkömmlichen Entwurmungsmittel, es sei dies seit 25 Jahren das erste neue Wirkungsprinzip, schreiben die Forscher. «Es setzt bei den Würmern ganz gezielt an einem Rezeptor für den Nervenbotenstoff Acetylcholin an», sagt Ronald Kaminsky dazu. Dieser Nervenbotenstoff steuert die Muskeltätigkeit der Parasiten. Wird nun der entsprechende Rezeptor blockiert, treten bei den Würmern Lähmungserscheinungen auf und die Tiere verenden.

Wirkt in geringen Dosen

Ein Plus der AADs ist, dass sie bereits in geringen Dosen im Bereich von Milligrammen pro Kilo Körpergewicht wirken und die Wurmpopulation vollständig vernichten. Dies hat unter anderem den Vorteil, dass es vermutlich einige Zeit dauern wird, bis Nematoden auch gegen AADs resistent werden. Zudem sind bei diesen tiefen Wirkstoffkonzentrationen keine Nebenwirkungen zu beobachten.

Anwendung auch beim Menschen denkbar

Da der oben erwähnte spezielle Acetylcholin-Rezeptor nur bei Nematoden vorkommt, sind die AADs für Säugetiere und damit auch für Menschen unschädlich. Die neue Substanzklasse könnte daher theoretisch auch in der Humanmedizin als Entwurmungs-Medikament eingesetzt werden. «Die Weltgesundheitsorganisation hat uns deswegen bereits kontaktiert», so Kaminsky. Doch AADs für die Humanmedizin weiter zu entwickeln, sei nicht in der Kompetenz von Veterinärmedizinern. «Aber bestimmt zeigt jemand Interesse am Wirkprinzip und entwickelt die Stoffklasse weiter für die Anwendung beim Menschen», meint er – vielleicht sogar die Novartis-Pharmaforschung?

Box: Auf jährlich drei Milliarden Franken schätzt Dr. Frank Jackson vom britischen Moredun Institute den Schaden, den die Blut saugenden Nematoden allein schon den australischen Schafzüchtern zufügen. Die Situation in der Rinderzucht sei wahrscheinlich noch schlimmer, glaubt er. Hier verursachten die im Magen/Darmtrakt der Rinder wütenden Parasiten weltweit bis zu 55 Milliarden Dollar Ausfall in der Fleischproduktion. Die Lage werde sich eher noch verschlechtern, fürchtet Frank Jackson. Dies, weil immer mehr der herkömmlichen Entwurmungsmittel ihre Wirkung einbüssen. «Es wird für Rinderfarmer immer schwieriger, profitabel zu produzieren», sagt Jackson. Aus dieser Sicht wird jedes neue Entwurmungsmittel gute Marktchancen haben.

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