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Gesundheit/Ernährung

Bakterien bringen es

Wie Geschmacksempfindung zustande kommt

Weshalb spricht man bei Qualitätswein oft von einem «starken Abgang»? Und wie kommt’s, dass etwa Knoblauchduft so lange in der Atemluft verweilt? Schweizer Forscher haben dafür eine Erklärung gefunden. Zwar findet das Geschmackserlebnis unbestritten erst im Gehirn statt. Aber damit es so weit kommt, müssen die Aromastoffe in der Nahrung erst mal von den Geschmacksknospen auf der Zunge und den Riechsensoren in Rachen und Nasenhöhle registriert werden. Wobei die Zunge nur 20 Prozent zur Geschmacksempfindung beiträgt, da sie bloss zwischen süss und sauer, salzig und bitter unterscheiden kann. Bei feineren Aromen kommen die Riechsensoren in der Nase zum Zug. Sie reagieren meist empfindlicher als die besten Analysenapparaturen auf die Aromastoffe, die beim Kauen der Nahrung frei gesetzt werden.

Doch manchmal dauert es eine Weile, bis sich ein Aroma im Mund entwickelt – zuweilen schmeckt man erst, wie es schmeckt, wenn der Bissen bereits heruntergeschluckt ist. Christian Starkenmann und sein Forscherteam beim Genfer Aromastoff-Hersteller Firmenich liefern nun in der neuesten Ausgabe des «Journal of Agricultural and Food Chemistry» eine Erklärung für diesen «retroaromatischen Effekt»: Die im Mund gegenwärtigen Bakterien sind es, die uns in gewissen Fällen erst das Geschmackserlebnis ermöglichen, schreiben die Forscher. Konkret haben sie dies durch Experimente mit den in Trauben, Zwiebeln und Peperoni enthaltenen komplexen schwefelhaltigen Verbindungen nachweisen können. Diese Komplexverbindungen sind an sich geschmack- und geruchlos. Kommen sie jedoch in Kontakt mit dem im Speichel enthaltenen Fusobacterium nucleatum, werden sie zu hoch aktiven Aromastoffen aufgespalten. Dies braucht manchmal bis zu 30 Sekunden Zeit, dafür dauert dann das Geschmackserlebnis umso länger an – etwa wenn man einen guten Wein kostet, Peperoni oder Knoblauch isst.

«Der Mund wirkt eben wie ein Bioreaktor», erklärt Christian Starkenmann im Gespräch mit der BaZ. «Viele Früchte und Gemüsearomen entwickeln sich auf diesem Weg erst beim Kauen oder Schlucken». Allerdings konnte der Mechanismus bis jetzt ausschliesslich bei schwefelhaltigen Aroma-Vorgängerstoffen nachgewiesen werden. «Aber wir suchen natürlich weiter, weil wir generell an den geruchlichen Auswirkungen des Zusammenlebens von Mensch und Bakterien interessiert sind.» Etwa auch daran, auf welche Weise unangenehme Ausdünstungen wie Mund- und Schweissgeruch entstehen – und zu bekämpfen wären.

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