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Physik

Alter von Mond und Erde ist jetzt bestimmt

Gesteinsproben der Apollo-Mission brachten ETH-Forscher auf die richtige Spur

Der Mond entstand vor ziemlich genau 4527 Millionen Jahren, haben Forscher eben herausgefunden. Dieser Zeitpunkt darf auch als Geburtsstunde der Erde gelten: Denn im Zusammenhang mit der Mondentstehung erhielt auch unser Planet seine heutige Masse. Gerade freigiebig ist die US-Raumfahrtbehörde nicht mit den Mond-Gesteinsproben, die damals während der Apollo-Missionen eingesammelt worden sind. Einmal jährlich entscheidet die Nasa, ob und welchen Forschern in aller Welt ein bisschen vom kostbaren Mondmaterial überlassen wird. Unter den glücklichen Auserwählten ist Thorsten Kleine. Er begann schon als Doktorand an der Universität Münster mit Hilfe von Mondgestein das Erdalter zu bestimmen und ist dann zusammen mit seinem Forschungsvorhaben ans Institut für Isotopengeologie der ETH Zürich umgezogen.

Die grosse Kollision

Jetzt hat Früchte getragen, woran Thorsten Kleine und seine Kollegen und Mit-Forscherinnen in Zürich, Münster und Oxford so lange rumgetüftelt haben. In einem Forschungsbericht, der heute Freitag im Wissenschaftsmagazin «Science» publiziert wird, legt Kleine das Mondalter auf genau 4527 (plus/minus 10) Millionen Jahre fest, das heisst auf einen Zeitpunkt 30 bis 50 Millionen Jahre nach der Entstehung des Sonnensystems. Bisherige Schätzungen gingen davon aus, dass der Mond und damit auch die Erde irgendwann in den ersten 100 Millionen nach Formierung unseres Sonnensystems entstanden sein mussten.

Damals war die Welt, soweit sie bereits existierte, ein wahrer Hexenkessel, aus dem sich nur allmählich unser Sonnensystem herausbildete. Das vorläufige Schlussbouquet dieses Prozesses bildete die Kollision der Erde mit einem etwa Marsgrossen Planeten. Dabei gewann unser Planet einerseits zehn Prozent seiner heutigen Masse. Andrerseits wurden riesige Materialmengen in eine Umlaufbahn um die Erde geschleudert. Was zunächst scheibenförmig um die Erde kreiste, kondensierte bald zu einem Erdtrabanten, zum Mond. «Die dabei frei werdende Energie war derart immens, dass der Mond anfänglich von einem flüssigen Magma-Ozean komplett bedeckt war», so Thorsten Kleine im Gespräch mit der baz. Erst allmählich verkrustete die Mondoberfläche. Und dies ist der Zeitpunkt, zu dem Kleines Chronometer zu ticken begann.

Die Hafnium-Uhr

Dazu muss man wissen, dass im jungen Sonnensystem neben den Planeten auch die atomare Welt noch in Aufruhr war. Viele der in der Frühzeit entstandenen Nuklide zerfielen zum Teil wieder innert kürzester Zeit. Ein solches unstabiles Atom war das Hafnium mit der Massenzahl 182. Es war das schwerste Isotop unter einer ganzen Reihe leichterer Hafnium-Geschwister, und deshalb existiert es heute auch nicht mehr. Denn es wandelte sich im Laufe der ersten 60 Millionen Jahre nach Entstehung des Sonnensystems zu einem leichten Wolfram-Isotop ebenfalls mit der Massenzahl 182 um.

Auch Wolfram kommt (auf Erde und Mond) in verschiedenen «Gewichtsklassen» vor. Die Forscher und Wissenschaftlerinnen in Kleines Gruppe fanden nun aber heraus, dass der Anteil des leichten Wolfram-182 in den Mondproben variiert. Daraus schliessen sie, dass die betreffenden Gesteinsbrocken sich bereits zu einem Zeitpunkt verfestigt hatten, als es auf dem Mond noch Hafnium-182 gab, das sich in Wolfram umwandeln konnte. Also eben zwischen 30 und 50 Millionen Jahren nach Bildung des Sonnensystems. «Die Hafnium/Wolfram-Datierungsmethode wird schon länger angewandt», räumt Thorsten Kleine ein. «Aber wir konnten als erste nachweisen, dass das Wolfram-182 im Mondgestein tatsächlich aus Hafnium gebildet wurde und nicht Produkt kosmischer Strahlung ist.» Immerhin. Die Nasa wird’s dem Forscherteam hoffentlich lohnen – mit einer weiteren Prise Mondstaub.

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