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Chemie

Was Damaszener Schwerter so scharf macht

Im antiken Stahl aus dem Morgenland wurden Kohlenstoff-Nanoröhrchen entdeckt

An ihm zerbrachen sich sowohl Kreuzritter wie Schmiede seit Jahrhunderten die Köpfe, am Damaszener Stahl. Nun scheint das Geheimnis gelüftet: Kohlenstoff-Nanoröhrchen hatten die Damaszener Schwerter einst zur gefürchteten Waffe des Orients gemacht. Über Jahrtausende bis ins 19. Jahrhundert hinein wurden Schlachten vor allem mit Schwertern geschlagen. Deren Qualität entschied oft über Sieg oder Niederlage. Nun standen Schmiede aber immer vor dem Dilemma, entweder harten, aber spröden Stahl herzustellen oder weiches und zähes Eisen. Schwerter aus gestähltem Eisen blieben zwar länger scharf, brachen aber oft, wobei nicht immer der Feind von den Splittern getroffen wurde. Zähe Eisenschwerter dagegen verbogen sich gerne im Kampf und trugen tiefe Kerben davon. Das ideale Schwertmaterial sollte also vorzugsweise beide Eigenschaften vereinen: elastisch sein und trotzdem hart.

Ursprünglich waren es Waffenschmiede aus Damaskus, die im Mittelalter den richtigen Mix entdeckten, aus dem bald auch andernorts im islamischen Orient die begehrten Damaszener Klingen gehämmert wurden. Der Prozess war schweisstreibend und erforderte, dass die verwendeten Stahlrohlinge in mindestens 50 Zyklen bis zur Rotglut erhitzt, gehämmert und abgekühlt wurden. Die daraus hervorgehende High-Tech-Waffe war am wellenförmigen Muster (Damast) an der Oberfläche erkennbar und so scharf, dass man damit in die Luft geworfene Seidentüchlein durchschneiden oder Nägel spalten konnte. Auch den besten Schmieden des Abendlandes gelang es nie, den Damaszener Stahl zu imitieren, und Ende des 18. Jahrhunderts ging auch im Orient das Wissen um die spezielle Schmiedetechnik verloren.

Inzwischen ist erwiesen, dass die Damaszener Klingen meist aus einem Stück «woots» geschmiedet wurden. Das waren kuchenförmige Stahlrohlinge, die aus Indien importiert wurden. Das in speziellen Minen abgebaute Eisen enthielt gerade die richtigen Mengen an «Verunreinigungen» durch Vanadium, Chrom, Kobald, Nickel sowie seltene Erden. Der Kohlenstoff der Stahlkuchen wurde vom Holz der Sennespflanze (Cassia auriculata) und den Blättern von Madar (Calotropis gigantea) beigetragen.

Diese Zutaten waren möglicherweise entscheidend, vermuten Marianne Reibold und Peter Paufler von der Technischen Universität Dresden. Sie und ihre Kollegen untersuchten den Splitter eines Damaszener Schwertes, das vom damals berühmten Waffenschmied Assad Ullah im 17. Jahrhundert gefertigt worden war und jetzt im Berner historischen Museum aufbewahrt wird. Wie die Forscher in der gestrigen Ausgabe von «Nature» berichten, entdeckten sie unter einem hochauflösenden Elektronenmikroskop in der Stahlprobe unter anderem auch Nanoröhrchen aus Kohlenstoff. Diese hatten sich schützend um die harten und spröden Cementit-Strukturen aus Eisencarbid gelegt, die dem Damaszener Stahl die begehrte Härte und das schöne Muster vermitteln. Kohlenstoff-Nanoröhrchen allein sind zwar weich, wirken im Damaszener Stahl jedoch wie eine Armierung, machen die Klinge stark und elastisch zugleich.

Wie aber kommen die Nanröhrchen in den Stahl hinein? Sie könnten sich während der zahllosen Zyklen des Schmiedeprozesses aus dem organischen Material gebildet haben, das in den Poren des Stahls steckte, vermuten die deutschen Forscher. Und die Damaszener Schmiede hätten damit mit der Optimierung ihrer Kunst unbeabsichtigt bereits vor 400 Jahren nanotechnische Methoden angewandt.

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