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Die ganze Wahrheit über Syphilos

Wie die Lustseuche zu ihrem Namen kam. Interessant und aufschlussreich ist sie, die Sonderausstellung im Pharmazie-Historischen Museum Basel. Ausgerechnet seit Valentinstag und nicht zufällig am Totengässlein können Mann und Frau noch bis 31. Juli die Todesspur verfolgen, welche die «Lustseuche» Syphilis seit 500 Jahren auf ihrem Zug rund um den Globus hinterlassen hat. Über den Ursprung dieser Geisel der Menschheit wurde und wird viel spekuliert. Einig war man sich bloss immer, dass das Übel aus der Fremde kam. Für Italiener wars die «Französische Pest», in Paris wurde sie «Italienische Krankheit» geschimpft und in Polen wurde den Deutschen die Schuld an der Ausbreitung der Lues in die Schuhe geschoben. Derzeit herrscht die Theorie vor, die neue Krankheit sei von Kolumbus aus der Neuen Welt mitgebracht und danach von Kriegssöldnern über ganz Europa verschleppt worden.

Doch wie kam die Lustseuche zu ihrem Namen? Im Museum wird die Frage nicht erörtert, daher sei’s hier nachgeholt: Girolamo Fracastoro hiess der italienische Arzt, der 1530 in seinem Lehrgedicht die Sage von Syphilos nacherzählte, vom «Freund der Schweine», der den Zorn des Apollo auf sich gelenkt hatte und daher mit dem schwärenden Übel bestraft wurde. Damit hatte die Krankheit nun einen Namen erhalten, durch den sich kein Volk und keine Nation mehr diskriminiert fühlen musste.

Worin das Vergehen des Hirtenknaben bestand, darüber zirkulieren unterschiedliche Versionen. Eine pikante geht dahin, der Junge habe die Avancen des Lichtgottes verschmäht und sei deshalb in Ungnade gefallen. Andere Quellen berichten, Syphilos habe versehentlich ein der Jagdgöttin Artemis geweihtes Tier erlegt und sei deshalb von deren Bruder Apollo abgestraft worden. Dann wird auch etwa erzählt, der Schweinehirt habe die unbarmherzig niederbrennende Sonne (und damit Apollo alias Phoebos) verflucht, was natürlich nicht ungeahndet bleiben kann.

Man sieht, die antike Sagenwelt lässt viele Deutungen zu. Sie stützt andererseits die These, dass die Lues – wenn auch in abgeschwächter Form – schon seit der Antike unter uns geweilt haben könnte. Bereits Hippocrates hat ja das Krankheitsbild beschrieben. Und da gibt’s doch auch noch die Skelette englischer Mönche aus dem 13. Jahrhundert, offensichtlich von der Lustseuche gezeichnet.

Etymologie nennt sich die Wissenschaft, die der wahren Bedeutung der Wörter und damit der Wahrheit auf den Grund zu gehen versucht. Oft mit Erfolg, wie die Geschichte des Syphilos erahnen lässt.

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