Schon vor 11200 Jahren wurden am Jordan Feigenbäume angepflanzt
Die wohl älteste Kulturfrucht des Menschen ist die Feige. Dies schliessen israelische Forscher aus Funden von der Jungsteinzeit-Siedlung Gilgal im Jordantal. Womit auch immer Eva ihren Adam in Versuchung geführt hatte, ein Apfel wars höchstwahrscheinlich nicht. Äpfel wuchsen nämlich keine im Garten Eden. Zumindest hat man im Gebiet des Nahen Ostens, wo die Gläubigen damals das Paradies vermuteten, nicht die geringste Spur des früchtetragenden Rosengewächses gefunden. Äpfel gelangten vermutlich erst relativ spät aus Asien in den Mittelmeer-Raum.
Im Gegensatz zur Feige Ficus carica domestica. Die scheint den Menschen begleitet zu haben, seit dieser Ackerbau betreibt. Bereits vor etwa 6500 Jahren seien im Nahen Osten die ersten Feigenbäume gepflanzt worden, lautet die gängige Lehrmeinung. Falsch, sagt nun eine israelische Forschergruppe um Mordechai Kislev von der Bar-Ilan Universität. Er und seine Kollegen haben Überreste der süssen Früchte im Jordan-Tal gefunden, und zwar in einem mindestens 11200 Jahre alten Haus der neusteinzeitlichen Siedlung Gilgal 1.
Doch wie können die Forscher wissen, dass diese Feigen aus einer Pflanzung stammten und nicht im freien Feld gefunden wurden? Um ihrer Beweisführung folgen zu können, muss man sich die verschlungenen Wege vergegenwärtigen, über die sich Ficus carica fortpflanzt. Die Feigenfrucht ist ja genau genommen ein nach Innen gestülpter Blüten- und Fruchtstand, an dem Hunderte Mini-Steinfrüchte heranreifen. Damit es so weit kommt, brauchts einen Befruchtungsakt. Dieser kommt normalerweise durch eine komplexe Interaktion zwischen Ficus carica domestica (Ess-Feige), Ficus carica caprificus (ungeniessbare Bocksfeige) und der Feigenwespe Blastophaga psenes zustande. Neben den sich auf geschlechtlichem Weg fortpflanzenden Feigen existiert aber noch eine sich parthenogenetisch vermehrende Variante, deren Früchte zwar sehr wohlschmeckend, jedoch unfruchtbar sind. Diese «jungfernfrüchtigen» Feigenbäume kommen in der freien Natur allerdings sehr selten vor. Sie lassen sich ausschliesslich über Stecklinge vermehren.
Mordechai Kislev und seinen Mit-Forschern ist nun aufgefallen, dass die im Jordantal gefundenen Früchte ausschliesslich von unfruchtbaren Feigenbäumen geerntet worden waren. Dies konnten sie anhand von morphologischen Untersuchungen eindeutig nachweisen, berichten die Wissenschaftler in der jüngsten Ausgabe von «Science». Und sind daher überzeugt, dass die steinzeitlichen Feigen nicht in der freien Natur gesammelt wurden, sondern aus landwirtschaftlichem Anbau – eben über Stecklinge – stammten. Die Feige wäre demnach des Menschen erste Kulturpflanze gewesen – zumindest wurden in Gilgal 1 sonst bloss Überreste von Eicheln und wilder Gerste gefunden.
Also war Evas Apfel wohl in Tat und Wahrheit eine Feige, und der Baum der Erkenntnis ein simpler Feigenstrauch. Irgendwie logisch, haben sich doch Adam und Eva «danach» ja mit einem Feigenblatt bedeckt.